Bruder Bolko

Siebengebirge Märchen, Bruder Bolko
Ein Baum mit einem "Gesicht"

Wenn Sie heute an der Mondscheinweise vorbei hinauf zum Petersberg gehen, kommen Sie an einem Baum vorbei, dessen Stamm aussieht wie das Gesicht eines liebevollen älteren Herrn. Ein historisches Märchen.

Die Geschichte von Bruder Bolko, Ritter Lambert und Hündchen Lucie ist zugleich eine Einführung ins Spätmittelalter.

Für das Folgende gibt es überhaupt keinen Beweis, und damals erzählte man es auch nur unter der Hand, um ja nicht ins Visier des strengen Kölner Erzbischofs Heinrich II. von Virneburg zu geraten: Der Baumstamm trägt die Züge eines Mannes, den viele als Laienbruder Bolko kannten und mochten.

Um 1305

Der Wirtschaftshof auf dem Petersberg

„Saubande, Halunken, macht Euch fort und kommt bloß nicht wieder!“ schrie Bolko zwei davonstiebenden Halunken hinterher. Noch immer hielt er seinen Holzknüppel hoch erhoben, mit dem er sie gerade in die Flucht geschlagen hatte. „Lass‘ gut sein, Bolko“, sagte ein hochgewachsener Ritter, der schützend vor einer sichtlich erschrockenen Frau stand, die Hand am Schwert, „die haben erst einmal genug.“ Es war Ritter Lambert, der im Dienst des Grafen von der Wolkenburg für Recht und Ordnung sorgte. Langsam ließ Bolko den Knüppel sinken und wendete sich dem Ritter zu: „Du hast ja Recht, Junge“, sagte er matt, „doch es wird immer schlimmer mit diesen Halunken. Sie wollten der Frau Bäuerin hier die wenigen Äpfel und Rüben abnehmen, die ich noch für sie hatte.“

Laienbruder in Heisterbach

Bolko war Laienbruder im Kloster Heisterbach und betreute mit einigen wenigen Gehilfen den Wirtschaftshof auf dem Petersberg – so gut es eben ging. Das Wetter hatte sich dramatisch verändert, immer wieder gab es sintflutartige Regenfällen und es schien, als gingen Jahre ohne Sommer ins Land. Sie hatten viele Ernten verloren, die Preise stiegen ins Unermessliche und viele Menschen litten Hunger. Auch die Heisterbacher hatten ihr Getreide nicht retten können, nur einige robuste Obst- und Gemüsesorten. Was immer sie abgeben konnten, verschenkten sie gerne. Lambert nickte nachdenklich. „Da hast Du Recht“, antwortete er, „ich werde die Frau Bäuerin sicher nach Hause bringen, und ich werde regelmäßig hier Patrouille laufen.“

Bolkos Geschichte

Auf dem Weg hinab vom Petersberg fasste die Bäuerin Vertrauen zu Ritter Lambert. „Wir mögen ihn alle sehr, den alten Herrn Bolko“, sagte sie schüchtern, „er hat ein Herz für die einfachen Leute. Und wir sind auch in Sorge um ihn, so alleine da oben auf dem Wirtschaftshof, wo doch bestimmt der Wind durch jede Ritze pfeift!“ Auch Lambert wüsste seinen Freund gerne in der Sicherheit und Behaglichkeit der mächtigen Burg Wolkenburg.

Doch es war sinnlos, Bolko von etwas abzubringen, das für ihn eine Herzensangelegenheit war. „Bolko hat sein Leben lang die Pilger und Wanderer beschützt“, begann er, „damals im Heiligen Land, und nun hier. Das ist seine Bestimmung, anders könnte er nicht glücklich sein. Und wenn wir ihn gern haben, müssen wir das respektieren – so sehr auch ich in Sorge um ihn bin.“

1291, Akkon, Heiliges Land

Und dann erzählte er. „Es war im Jahr 1291 in Akkon im Heiligen Land. Das ist nun über zehn Jahre her, ich war damals noch ein Bub, doch manchmal träume ich nachts davon. Schreie, das Geklirr von Waffen, Menschen, die verzweifelt versuchen, auf ein Schiff zu kommen. Vater hastete mit Mutter und mir zum Hafen, drückte uns dort einem Ritter in den Arm und sagte – um der Gnade Gottes wegen, bring‘ sie hier raus. Dann verschwand er.

Damals hatten die Kreuzfahrer nur noch Akkon [1], und auch dort standen sie auf verlorenem Posten, so gewaltig war die Übermacht der Muslime. Verzweifelt verteidigten die Ritter die Stadt, doch als auch der stärkste Verteidigungsturm fiel, war die Stadt verloren, wir konnten nur noch fliehen. Es war Bolko, der meine Mutter und mich sicher auf ein Schiff gebracht hat.“

Beide hingen ihren Gedanken nach. Viele Erinnerungen stiegen in Lambert hoch. Wie sie zunächst nach Zypern gekommen waren und nicht wussten, wie es nun weitergehen sollte. Sie warteten auf Nachrichten von Lamberts Vater und ihren Freunden. Obwohl Bolko immer versuchte, dem Knaben Lambert und seiner Mutter zuliebe optimistisch zu sein, war auch er sehr traurig. Das Heilige Land war seine Heimat. Sein Großvater stammte aus der Familie der Wolkenburger Grafen, er war einst mit Friedrich II. nach Palästina gekommen [2] und dort geblieben.

Sein Vater war schon im Heiligen Land geboren so wie auch Bolko. Von der fernen Heimat seines Großvaters hat er nur gehört. „Später haben wir erfahren, dass auch Vater bei der Verteidigung von Akkon umgekommen“ ist, sagte Lambert schließlich, „daraufhin hat Bolko die Verantwortung für Mutter und mich übernommen und ist bei uns geblieben. Für mich ist er wie ein Vater.“

Ein kleiner brauner Hund namens Lucie

Schließlich waren sie am Hof der Frau Bäuerin angekommen. „Wenn Ihr mögt, wärmt Euch noch etwas am Feuer, bevor Ihr Euch wieder auf den Weg macht“, sagte sie schüchtern – unsicher, ob ihr einfaches Heim nicht eher eine Zumutung für den Ritter wäre. Lambert nahm erfreut an. Als er beim Feuer saß, spürte er die Wärme nicht nur im Körper, sondern auch im Herzen, und er verstand noch besser, was Bolko bewegte.

Unter den vielen Tieren auf dem Hof war auch ein kleiner brauner Hund. Vorsichtig schaute er den fremden Herrn an und kam dann Schritt für Schritt näher. „Lucie, nein“, gebot die Frau Bäuerin. „Nicht doch“, meinte Lambert, „ich mag Hunde sehr“. Sogleich kam Lucie heran und legte sich zu seinen Füßen nieder.

Lamberts Geschichte

„Eines wüsste ich noch gerne“, fragte die Frau Bäuerin, „warum seid Ihr nicht gleich nach dem Verlust des Heiligen Landes hierher gekommen? Als entfernter Verwandter des Grafen hätte Herr Bolko doch Aufnahme gefunden.“ „Daran gedacht hat er schon“, antwortete Lambert, „auch wenn er sich nicht sicher war, ob man sich Generationen später noch an den Kreuzfahrer aus der Wolkenburger Familie erinnern würde. Wir wussten damals kaum etwas von der Region hier.

Vor allem fühlte sich Bolko meiner Mutter und mir verpflichtet. Meine Eltern sind aus Flandern, und er wollte uns dort unser Erbe zu sichern, so sind wir zunächst dorthin gegangen. Eine Zeitlang lebten wir in Frieden, dann kamen Spannungen mit Frankreich auf.

Heimat Flandern

Ihr müsst wissen, Flandern ist reich, vor allem dank des Tuchhandels. Damals war es eine unabhängige Grafschaft unter Graf Guido von Dampierre, die jedoch unter französischer Lehnshoheit stand. König Philipp IV. von Frankreich versuchte nun, seine Herrschaft auch in Flandern durchzusetzen. Dabei konnte er sich auf die Patrizier in den Städten stützen, die sich von Graf Guido nicht hineinregieren lassen wollten.

Der verbündete sich nun mit dem englischen König Edward I. und dem deutschen König Adolf von Nassau. Für Philipp IV. war das Maß damit voll, er schickte sein Heer. Ihr wisst es vielleicht, auch rheinische Ritter verteidigten unsere Städte, der Herr Johann von Löwenburg und sein Sohn Heinrich waren in Ypern mit dabei. Aber wir verloren; eine Stadt nach der anderen geriet in französische Hand.

Vertrieben

Die französischen Soldaten blieben im Land und für uns wurde das Leben schwer. Graf Guido und seine Söhne wurden in eine Falle gelockt, viele Edelleute eingekerkert, hohe Steuern erhoben. Nun endlich stand die Bevölkerung zusammen. König Philipp schickte erneut ein großes Heer, doch unsere Leute besiegten sie [3].

Leider konnten wir uns nicht lange an dem Sieg freuen, schon drei Jahre später unterlagen wir einem französischen Heer. Die Auflagen waren schlimm und viele Befestigungen mussten abgerissen werden. Unser Haus lag strategisch günstig, und so forderte es ein französischer Kommandant für sich. Sie haben uns einfach fortgejagt, dabei hat Mutter doch auch französische Wurzeln. Verwandte haben uns aufgenommen. Mutter hat es nie verwunden. Sie wurde bald krank und ist trotz unsere Pflege und Gebete verstorben.“

Heimkehr in die Fremde auf die Wolkenburg

Überrascht hielt Lambert inne. „Ich habe noch nie so offen über all das gesprochen“, sagte er, und blickt hinunter auf Lucie, die sich inzwischen auf seinem Schoß zusammengekuschelt hatte, „muss wohl an Dir liegen, kleine Dame! Bolko und ich mussten fort. Er wollte, dass ich ein Leben als Ritter führte, und so hat er Kontakt aufgenommen zu den Grafen von der Löwenburg, die er ja aus dem Umkreis von Graf Guido kannte. Graf Heinrich hat dann die Kontakte zum Wolkenburger Grafen geknüpft, und der hat uns hierher eingeladen. Wir haben den Namen von Bolkos Großvaters in den Büchern gefunden, und es hat ihn sehr bewegt. Doch sein Herz hat einen Sprung.

Der Sprung im Herz

Seine Heimat im Heiligen Land wird er wohl nie mehr wiedersehen, und er hat es auch nicht verwunden, dass er Mutter und mir in Flandern nicht besser helfen konnte – dabei trifft ihn doch da gar keine Schuld! Er hat sein ganzes Leben lang Pilgern und Wanderern geholfen, und wenn er auch jetzt nahe bei den Menschen sein kann, schenkt ihm das mehr Seelenfrieden als ein bequemes Leben in der Kemenate. Deswegen ist er als Laienbruder nach Heisterbach gegangen und betreut den Wirtschaftshof auf dem Petersberg.“ Es wurde Zeit für Lambert zu gehen. „Habt Dank für Eure Gastfreundschaft“, sagte er zu der Frau Bäuerin, und mit einem letzten Blick auf den kleinen braunen Hund namens Lucie, „vielen Dank auch Dir.“

1305-1310

Ritterdienst

Als Lambert das nächste Mal zu der Bauernfamilie kam, lief ihm Lucie schon entgegen, wedelnd und freudig bellend. „Sie liebt Euch“, sagte die Frau Bäuerin. Mit einer Gruppe von Bauersleuten und anderen Menschen aus den Dörfern der Umgebung ging es hinauf zum Wirtschaftshof auf dem Petersberg – Streuobst sammeln. Handwerklich Begabte halfen Bolko, die Gebäude auszubessern. Am Nachmittag gingen sie beladen mit Lebensmittel in Lamberts Schutz hinab in Tal. Beim Abschied sagte die Frau Bäuerin: „Habt Dank für alles, was Ihr für uns tut Herr Lambert, möge unser Herrgott es Euch vergelten.“ „Ich bin als Ritter erzogen“, sagte der schlicht, „und Bolko würde mir auch heute noch den Hosenboden strammziehen.“ Mit einem Blick auf Lucie fügte er zögernd hinzu: „Eine Freude könntet Ihr mir schon machen ..“

Und so trat der kleine braune Hund namens Lucie vom Bauernhof in den ritterlichen Dienst. Es war der Beginn einer lebenslangen, tiefen Freundschaft. In den folgenden Jahren organisierten Lambert und die Frau Bäuerin noch viele Gänge hinauf zu Bolko auf dem Petersberg, und immer um sie alle herum war Lucie, wie ein Schäferhund um seine Schäfchen. „Du bist ein wahrer Ritter, mein Junge“, dachte Bolko, während er Lambert mit seinen Schützlingen betrachtete, „vielleicht ist doch noch nicht alles verloren“.

Eine veränderte Welt

Die Welt in Westeuropa hatte sich verändert. Die große Zeit des christlichen Rittertums mit seinen Werten und seinem Ehrenkodex schien vorbei; davon konnte man nur noch in Ritterepen und Minneliedern lesen. Nun dominierten neue Machthaber, und mit ihnen kamen Intrigen, Habgier und Mord [4]. Der englische König Edward I. hatte den Aufstand der schottischen Bravehearts grausam niederschlagen lassen.

Die Machtgier Philipps IV. von Frankreich kannte Bolko aus Flandern nur zu gut. In den letzten Jahren hatte der nicht einmal vor einem Attentat auf den Papst zurückgeschreckt. Der Papst war dabei umgekommen, sein Nachfolger residierte nun in Avignon, in Frankreich. Am 14. September 1307 hatte der König in einer ausgeklügelten Kommandoaktion alle Tempelritter verhaften lassen. Fürchterliche Anklagen wurden gegen sie erhoben, doch Bolko glaubte kein Wort davon – die Templer waren der Machtgier des französischen Königs zum Opfer gefallen.

um 1312

Heisterbach hat Schulden

Auch das Kloster Heisterbach hatte große Sorgen. Die Abteikirche und der Unterhalt des Klosterbetriebs verschlangen hohe Summen, die die Mönche nicht selbst erwirtschaften konnten. Längst arbeiteten Laienbrüder wie er und Tagelöhner im Kloster mit. Um die Finanzen war es schlecht bestellt, mehr als einmal in den letzten Jahren waren Kirchenstrafen verhängt oder zumindest angedroht wurden. „Sie planen, den Petersberg und Heisterbach zu Wallfahrtsorten zu machen“, sagte Bolko eines Tages zu Lambert, „das ist schön. Ich freue mich immer wieder wenn ich sehe, wie gut vielen Menschen ein Besuch in Heisterbach oder hier in der Kapelle auf dem Petersberg tut.“ Man bat für sich und seine Lieben, auch für das Seelenheil der Verstorben. Genauso war es üblich, Messen für das Seelenheil der Verstorbenen lesen zu lassen.

Wallfahrten als Geschäft?

Nun sollten auf dem Petersberg und in Heisterbach Ablässe gewährt werden, d.h. für Bittgänge an genau festgelegten Tagen, für Stiftungen u.ä. würden Sünden vergeben. Man stand in Verhandlungen mit der Kurie in Avignon. „Doch mir gefällt nicht, was an der Kurie geschieht“, fuhr Bolko fort, „sie verlangt immer höhere Abgaben. Es kommt noch soweit, dass sich ein Kölner Erzbischof verschulden muss, um seine Verpflichtungen der Kurie gegenüber zu erfüllen. [5] Ab wann wird eine Wallfahrt zum Geschäftsmodell?“ „Und dann dieser neue Erzbischof, ich weiß nicht“, meinte Lambert, „ich habe kein gutes Gefühl bei ihm.“

Seit 1304 war Heinrich II. von Virneburg Erzbischof, er galt als machtbewusst. Auch Bolko war besorgt. „Ich auch nicht“, sagte er, „es heißt, der Erzbischof liebt das Geld und hat sich bei der Königswahl 1308 seine Stimme für den Luxemburger Heinrich VII. fürstlich entlohnen lassen. Aber Du musst vorsichtig sein. Der Erzbischof, unser Landesherr, ist ein entschiedener Kämpfer gegen Ketzerei. Überall gibt es Inquisitionsgerichte, sie sind ausgelastet, und immer wieder verbrennen sie Menschen.“

Ablass wird gewährt

Dann wurde es offiziell. Mit einer ersten päpstlichen Verkündigung von 1312 [6] wurden die Kapelle auf dem Petersberg und Kloster Heisterbach Wallfahrtsorte. Viele Menschen kamen zum Petersberg, vor allem an den kirchlichen Feiertagen wie der Karwoche, Pfingsten und natürlich am Tag Peter und Paul. Und immer stand Bolko am Weg, um ihnen bei den letzten steilen Metern des Aufstiegs zu helfen.

1315-1317

Abschied von Bolko

Einige Monate später spürte Bolko, dass er immer schwächer wurde. Nun bestand Lambert darauf, dass er zu ihm auf die Wolkenburg zog. „Du hilfst niemandem, wenn wir alle in Sorge um Dich leben und uns bei Wind und Wetter aufmachen, nach Dir zu sehen.“ Das sah schließlich auch Bolko ein. Oft saß er auf dem breiten Fensterbrett seiner Kemenate auf der Wolkenburg und schaute auf die Berge hinaus. Manchmal verlor sich sein Blick in der Ferne, dann schien er in Gedanken wieder im Heiligen Land zu sein. „Als Kind saß ich oft am Fenster“, sagte er wehmütig, „ganz hinten konntest Du Krak des Chevaliers sehen.“

Einen glücklichen Winter verbrachte Bolko noch auf der Wolkenburg bei Lambert und Lucie. Manchmal, wenn die Schneeflocken und die Burg tanzten und er die Decke fester um sich zog, gönnte er sich einen Apfel von seinem Wirtschaftshof. Und er wusste, dass viele Menschen in den Dörfern ringsherum auch genügend Äpfel für einen langen Winter hatten.
Die ersten Krokusse drangen durch die Schneedecke, als Bolko so schwach wurde, dass er sein Lager nicht mehr verlassen konnte. Wenige Tage später verstarb er im Kreis seiner Lieben, tief betrauert von allen, die ihn kannten.

Der Baum

Als die Wege wieder passierbar wurden, kamen auch erneut Wallfahrer zum Petersberg. Nun stand Lambert an Bolkos alter Stelle und half den Menschen, den steilen Anstieg zu bewältigen. Er lächelte sie tapfer an, doch es fiel ihm schwer. Bolko fehlte ihm, fehlte ihnen allen sehr.

Eines Frühlingstages lief seine Lucie zu einem mächtigen alten Baum mit vielen Schrunden und Ausbuchtungen am Stamm. Schnuppert und freudig wedelnd blieb sie davor stehen. Lambert schenkte ihr zunächst keine Aufmerksamkeit, denn da war immer jemand, der seiner Hilfestellung bedurfte. Dann zupfte ihn ein kleiner Junge am Ärmel. „Herr Ritter, schaut mal“. Aufgeregt zog ihn der Junge zu dem Baum. Lucie bellte freudig. Und dann sah Lambert es auch: der Baumstamm sah aus wie Bolko.

„Ein Wunder“, stieß der Junge hervor, „so bleibt er immer bei uns.“ Bewegt schaute Lambert eine Weile auf den Baumstamm. „Warum er eigentlich nicht“, dachte er, „wenn alles Gottes Schöpfung ist, dann macht es keinen Unterschied, ob man der Schlussstein eines gotischen Kreuzrippengewölbes ist oder einfach nur ein Baum.“ „Lass‘ uns danke sagen“, sagte er zu dem Jungen, „uns ist eine große Gnade zuteil geworden.“ Dann beugte er sich zu ihm herunter und raunte ihm ins Ohr: „Aber sag‘ nichts dem Erzbischof, der wird bestimmt nichts davon wissen wollen.“

Viele Jahre später reichte Erzbischof Heinrich II. von Virneburg die Anklageschrift gegen Meister Eckhart bei der Kurie ein. Aber das ist eine andere Geschichte.

Fußnoten

[1] 1244 war Jerusalem gefallen, 1261 das Lateinische Kaiserreich in Byzanz. Die neue Macht in Ägypten, die Mamlucken, eroberten Burg für Burg, Stadt für Stadt in Palästina.
[2] Kreuzzug Friedrichs II. 1229
[3] „Sporenschlacht“ im Juli 1301
[4] Die Formulierung stammt aus dem Terra-X-Film „Kreuzzug in die Hölle“ über die Templer
[5] Ein Erzbischof musste zur Kurie in Avignon reisen und sich dort bestätigen lassen,   auch dafür verlangte sie Geld.
[6] Eine zweite folgte 1319

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