Chilperich und die Herrin vom Geisberg

Siebengebirge Märchen, Chilperich und die Herrin vom Geisberg
Ein ungnädige Fürst mitten im Wald

Einer Sage nach entstand die Stadt Königswinter aus einem Winterlager des Frankenkönigs Chilperich I. Kriegszüge führten ihn an den Rhein, und so kann es durchaus sein, dass er einmal am heutigen Palastweiher sein Winterlager aufgeschlagen hat.

Chilperlich 

Von Chilperich wird berichtet, dass er zügellos lebte und den Frauen in seiner Umgebung nachstieg. So sehr, dass der fränkische Adel ihn für ein Jahr in die Verbannung nach Thüringen schickte. Er ließ seine Ehefrau ermordeten und verursachte eine verheerende merowingische Familientragödie (siehe Fränkisches Reich). Auch die Menschen im Siebengebirge hatten unter Chilperich zu leiden und sehnten den Tag herbei, an dem der König mit seinen Kriegern weiterziehen würde. Aber in einem offenen Kampf wären sie hoffnungslos unterlegen gewesen. Da ersannen sie eine List.

Zwei Tuchhändler

Es war in den ersten Frühlingstagen. Der Schnee war geschmolzen, doch die Wege in die höheren Regionen des Siebengebirges waren noch unpassierbar. Eines Abends kamen zwei einheimische Herren mittleren Alters ins Winterlager des Königs. Sie gaben sich als Tuchhändler Eurovech und sein Gehilfe Humperich aus und boten Kleiderstoffe an. Man wurde sich schnell handelseinig und lud die beiden ein, noch einige Gläser zu trinken. Auch der König war zugegen. Humperich pries seine Stärke und schmeichelte ihm so lange, bis Chilperich ihn aufforderte, sich neben ihn zu setzen.

Ein herrlicher Stoff

Später am Abend schien Eurovech müde zu werden. Er verabschiedete sich und wollte nachhause gehen, doch beim Aufstehen stieß er gegen seinen Reisesack, und hinaus fiel ein wunderbarer Brokatstoff in leuchtenden Farben, ein Stoff für ein Festgewand! Schlagartig wurde es still, alle Augen starrten auf den herrlichen Stoff. Eurovech sammelte hastig seine Sachen ein und wollte flüchten. „Bleib“, donnerte Chilperich, „für wen ist dieser Stoff, der so herrlich ist, dass er nur Könige zieren sollte?“ Sogleich sprangen einige Krieger auf, packten den Tuchhändler und zogen ihr Schwert. „Für .. für die Herrin vom Geisberg„, stammelte Eurovech, „bitte, lasst mich gehen“.

„Die Herrin vom Geisberg ist in der Tat herrlich“, raunte da Humperich in das Ohr des Königs. Chilperich war erbost. Wie konnte der Herr vom Geisberg es wagen, ihm nicht mit seiner Ehefrau seine Aufwartung zu machen? „Gemach, mein König“, sagte Humperich, „der Herr vom Geisberg ist seit langem siech und bettlägerig. Aber wenn ihr wollt, führe ich euch gleich morgen hin. Aber .. das lassen wir ganz unter uns, ja?“ Das ließ sich Chilperich nicht zweimal sagen. „Gut, Händler, für heute will ich gnädig sein. Aber lass‘ den Stoff da und lauf‘, wenn dir dein Leben lieb ist!“

Hinauf dem Geisberg

Am nächsten Tag zog König Chilperich mit einigen seiner Mannen mit Humperich hinauf ins Siebengebirge. Sie ritten immer höher, am Drachenfels und an der Wolkenburg vorbei. Dort erhaschten sie einen ersten Blick auf ein kleines Gehöft hoch oben auf dem Geisberg. „Da sollen wir hin?“ fragten einige der Mannen ungehalten, „wir sind Frankenkrieger, keine Geißböcke!“ „Aber auch keine verweichlichten Römer, die in Sänften über Prachtstraßen getragen werden“, brüllte Chilperich sie an, „weiter jetzt!“ Doch dann wurde das Gebüsch immer dichter und die Wege immer schmaler. „Ab hier gehen wir besser zu Fuß weiter, die Wege sind nach dem langen Winter in einem schlimmen Zustand“, meinte Humperich. Wieder murrten Chilperichs Mannen: sollten Frankenkrieger etwa zu Fuß durch Gebüsch und Morast stampfen? Nur die Männer seiner Leibwache begleiteten ihn weiter.

Stecken geblieben

Auf einmal endete der Weg, und man sah nur noch Sumpf .. und Frösche, die sich über die ersten Sonnenstrahlen nach dem langen Winter freuen. Rot vor Wut griff Childerich zu seinem Schwert und wollte auf Humperich losstürmen: „Ha, Du Herrscher über die Frösche, glaubst Du, Du könntest mich zum Narren halten?“ „Kommt, mein Herr, dann gehen wir den anderen Weg über die Brücke. Es ist wirklich nicht mehr weit. Schaut, da drüben ist schon die Brücke über den Mirbesbach, und .. oh .. seht, da geht die Herrin vom Geisberg!“

Sie rannten los, auf eine kleine, schmale Hängebrücke zu. Chilperich stürmte auf die Brücke, seine Mannen hinter ihm her .. Doch die kleine Hängebrücke war solche Lasten nicht gewohnt. Sie schwankte hin und her, es krachte .. und dann brach sie unter Chilperich und seinen Mannen auseinander. Einer nach dem anderen stürzten sie in den Bach. Der Mirbesbach, der aufgrund der Schneeschmelze viel Wasser führte, war fast ein reißender Strom. Er spülte die Franken hinab ins Tal.

Völlig durchnässt und zerschunden, aber lebend kamen sie unten endlich zum Halt. Chilperich brannte auf Rache, aber zugleich schämte er sich und wollte nicht, dass sein Missgeschick bekannt wurde. Und so schlichen sie sich klammheimlich ins Lager zurück. Und bis zu ihrer Abreise setzten sie keinen Fuß mehr hinauf ins Siebengebirge.

Ein neues Märchen aus eigener Feder

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