Das Spukhaus

Drache Jupp vor dem Spukhaus
Drache Jupp vor dem Spukhaus

Ein neues Märchen um Drache Jupp am Nonnenstromberg und ein Spukhaus im Siebengebirge. Keine Bange, dieses Spukhaus gibt es nicht wirklich, Drache Jupps Geschichten sollten wir nicht wortwörtlich nehmen. Dieser Drache mit dem klassisch-rheinischem Namen lebt in einer gemütlichen Scheune am Nonnenstromberg.

Drache Jupp

Leider kann man diese Scheune meistens nicht sehen. Jupp ist ein guter Bierbrauer und trinkt auch gerne sein eigenes Bier, vielleicht hat er deshalb seine rote Nase. Er erzählt sehr gerne Geschichten, und manchmal weiß man nicht, was davon wahr ist, und wo seine Phantasie mit ihm durchgeht. Aber eines ist sicher: sie kommen alle aus dem Herzen. 

Bei der folgenden Geschichte hat er vielleicht an das Nachtigallental gedacht und an den Heilige Bernhard von Clairveau, der sich über ihren herrlichen Gesang aufgeregt hatte.

Das versteckte Tal

„Eines Abends, als ich von einem gemütlichen Bierabend kam, verpasste ich die Abzweigung zu meiner Scheune und fand mich in einer Umgebung wieder, die ich nicht kannte. Ich schaute mich um und dann dämmerte es mir: das muss das versteckte Tal sein, in dem sich das Spukhaus im Siebengebirge befindet. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich von einer verwunschenen Prinzessin in einem Spukhaus, aber niemand wusste etwas Genaues. Tatsächlich .. zwischen den dunklen Tannen hindurch sah ich ein düsteres Haus. Das Herz schlug mir bis zum Halse, aber dann dachte ich: was, wenn eine arme Kreatur dort gefangen ist?

Ein düsteres Haus

Ich schlich näher. Von nahem wirkte das Spukhaus noch düsterer. Das Tor war verriegelt und es schien, als ob seit vielen Jahren kein Licht mehr durch die schwarzen Fensterscheiben gedrungen war. Ich ging um das düstere Haus herum und je mehr ich davon sah, desto unbehaglicher fühlte ich mich. Wohl um mir selbst Mut zu machen, fing ich an zu singen. Es war kein schöner Gesang, aber ein lauter, und auf einmal hörte ich aus dem Inneren des Spukhauses den klagenden Gesang einer Nachtigall.

Da wurde ich richtig böse – war das arme Tier etwa für so lange Zeit dort eingesperrt gewesen, hatte es nie die Sonne, nie ein anderes Tier oder einen anderen Menschen gesehen?

Schluss mit Spuk!

Ich holte tief Luft und spie Feuer auf das Tor. Es qualmte und krachte, Funken stoben umher .. doch dann brach es auseinander. Ich wartete ein wenig, bis dass sich der Rauch verzogen hatte, und ging auf das Haus zu .. da flogen Nachtigallen hinaus, und hinter ihnen her kam ein schönes Mädchen. Hustend und mit tränenden Augen kam sie auf mich zu und umarmte mich. „Dank Dir bin ich endlich wieder frei. Vor vielen Jahren habe ich in der Schule gesungen, und darüber hat sich dieser verknöcherte Schulleiter fürchterlich aufgeregt und mich angeschrien: ‚ich wünschte, Du würdest verschwinden und für den Rest Deines Lebens den Mauern vorsingen‘ Seitdem war ich in diesem Spukhaus gefangen.“

Erst denken, dann reden

Der Drache verstummte und hatte selbst feuchte Augen. „Die Arme“, sagte da ein kleines Mädchen aus der Zuhörerschaft, „das war ja gemein! Aber sag‘ mal ehrlich, Jupp, gibt es dieses Spukhaus im Siebengebirge und das Mädchen wirklich?“ Jupp schüttelte traurig den Kopf. „Nein“, sagte er, „nicht wirklich. Aber es stimmt doch, dass manche Menschen einfach drauflosreden und gar nicht daran denken, was sie mit ihrem schlimmen Gedanken und Worten anrichten können, und das bedrückt mich sehr. Ja, ich wünschte, sie würden überhaupt erst denken und dann reden!“

Ein neues Märchen von „Rheindrache“ Petra Willnecker

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