Weihnachten auf dem Drachenfels

Winter am Drachenfels, Drachendame Brann
Winter am Drachenfels, Drachendame Brann

Ein neues Märchen aus dem Siebengebirge. Dank der Drachendame vom Drachenfels gab es zu Weihnachten auf dem Drachenfels Wärme und Essen für alle. Es spielt zur Zeit der Kreuzzüge. Viele rheinische Ritter waren mit dem Kaiser nach Palästina gezogen, auch der Herr vom Drachenfels.

Keine Maronen für Weihnachten

„Bitte, Herrin, nur noch eine“, bat eine helle Stimme. Brangwen, die Herrin vom Drachenfels, blickte von ihren Geschäftsbüchern auf. Da stand Harti, der kleinste unter den Knappen auf der Burg, und sah sie mit großen Augen an, „nur noch eine geröstete Marone (Esskastanie)!“ Brangwen zwang sich zum einem Lächeln und sagte: „Tut mir leid, doch ich habe Dir schon die letzte gegeben, die ich hatte. Aber wenn ich mit den Büchern fertig bin, gehe ich in den Vorratskeller und suche noch einmal gründlich nach.“ Etwas fröhlicher verließ Harti den Raum.

Kreuzfahrer und Daheimgebliebene

Aber Brangwen war verzweifelt. Sie wusste auch so, dass sie keine Maronen mehr finden würde. Sie hatten kaum noch Vorräte auf Burg Drachenfels und die Geschäftsbücher vor ihr belegten, dass sie auch kein Geld mehr hatten für Weihnachten. Brangwens Ehemann und viele andere rheinische Ritter kämpften in Palästina, ihre Familien und Freunde waren zu zuhause zurückgeblieben. Brangwen sorgte für die Menschen auf der Burg und in den umliegenden Dörfern. Es war ein strenger Winter und ihre Lage war noch schwieriger geworden, nachdem ein schwerer Sturm Dächer abgedeckt, Hütten weggefegt und auch Teile der Burg schwer beschädigt hatte. Brangwen hatte die Schäden beheben lassen, so gut sie konnte, damit die Menschen wenigstens ein Dach über dem Kopf hatten. Doch trotz aller Mühen waren nur wenige Teile der Burg gesichert und warm, und diese Arbeiten hatten ihre Geldmittel erschöpft. Weihnachten auf dem Drachenfels würde traurig werden.

Die Drachendame

Auf einmal hielt sie es in ihrer Kemenate nicht mehr aus. Sie lief hinaus in den Wald, immer weiter, bis dass sie zu einem kleinen See kam. Dort hockte sie sich auf einen Baumstumpf und weinte bitterlich. Doch dann sah sie überrascht auf .. es schien, als ob bunte Lichter in den verschiedensten Rottönen auf der Oberfläche des Sees tanzten. Brangwen trat näher und beobachtete verträumt die roten Lichter. „Was immer das ist, was da flackert“, seufzte sie, „es sieht schön aus. Ich wünschte, die Feuer bei uns auf der Burg und in den Häusern würden auch so flackern und es wäre überall behaglich warm.“

„Äh, uhm“ kam es auf einmal von schräg hinter ihr. Brangwen schaute sich um. Da stand eine ältere Drachendame, die sie etwas verlegen ansah. Die roten Lichter auf dem See waren der Widerschein ihres feurigen Atems. „Bitte entschuldige“ sagte sie, „ich wollte Dich nicht erschrecken“. „Aber nein“, beruhigte Brangwen sie, „warum solltest Du mich erschrecken? Du siehst sehr freundlich aus.“ „Danke, das ist nett von Dir“, sagte die Drachendame, „doch als ich das letzte Mal Kontakt mit Euch Menschen hatte, war das noch ganz anders. Da haben sie mich gefürchtet und gedacht, ich fresse Menschen, besonders junge Frauen wie Dich. (Die Drachen-Dame vom Drachenfels.) Dabei würde ich so etwas nie tun. Ich lebe von dem, was ich im Wald finde. Am liebsten mag ich geröstete Maronen.“ „Wie Harti“, entfuhr es Brangwen. Und dann erzählte sie der Drachendame all ihre Sorgen. Wie schlimm es auf der Burg und in den Dörfern aussah, wie einsam es war, dass sie nicht wüsste, wovon sie zu Weihnachten alle auf Burg Drachenfels satt kriegen sollte.

Branns Weihnachtswunder

„Da kann ich helfen“, sagte die Drachendame, „Wenn Du magst, komme ich mit dir. Ich hole schnell noch ein paar Maronen von meinen Vorräten, und dann können wir los. Übrigens, ich bin Brann.“

Gemeinsam zogen sie zurück zur Burg. „Mal sehen, was eine alte Dame noch fertig bringt“, sagte Brann, und spukte hier und da ein wenig Feuer. Und wo immer das Feuer die Natur berührte, geschahen wundersame Dinge. Erdbeeren und andere Früchte wuchsen aus dem Schnee, und an den Bäumen hingen lauter leckere Sachen .. Brangwen jauchzte vor Freude. Die freundliche Art der beiden lockte auch die sonst so scheuen Elfen hervor. Sie schlossen sich ihnen an und so kam kurz darauf ein buntes Häufchen, beladen mit guten Dingen, auf der Burg an. Dort begann ein freudiges Treiben: es wurde repariert, gefegt, gebacken und gekocht .. und in der Nacht fanden die Elfen, die ja geschickte Handwerker sind, noch Zeit, aus alten Dingen Geschenke zu zaubern .. und Brann zog von Haus und Haus und sorgte dafür, dass die Feuer überall in den Herden brannten.

Das Weihnachtsfest

Und so kam es, dass zu Weihnachten auf Burg Drachenfels doch noch fröhlich wurde. Alle waren zu einer Feier auf die Burg gekommen, auch Brann und die Elfen. Spät am Abend wollte sie sich verabschieden. „Bleib‘ doch bei uns“, bat Brangwen sie, „wir alle haben Dich lieb gewonnen“. „Ich bin auch gerne bei Euch“, antwortete Brann, „hab‘ vielen Dank. Aber ich bin auch nicht mehr die Jüngste und muss meine Kräfte einteilen. Und .. ein Geschenk habe ich noch für Euch. Du weißt, wir Drachen hüten den Anfang und das Ende der Zeit, und deshalb kann ich Dir verraten, dass im Frühjahr Eure Männer zurückkommen. Und dann werden wir wieder zusammen feiern!“

Ein neues Märchen von „Rheindrache“ Petra Willnecker

Zum Weiterlesen
Maronen sind Esskastanien, die essbaren Früchte der Edelkastanie oder Esskastanie. Mehr dazu bei Wikipedia Edelkastanie.

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