Im späten 3. Jahrhundert stand das Römische Reich vor großen Herausforderungen. Nach Jahren der Anarchie, konnte Kaiser Probus (276–282) die Alemannen und Franken besiegen. Er war ein energischer und fähiger Kaiser und schaffte es, die Ordnung in den Grenzregionen einigermaßen wiederherzustellen.
Probus und der Weinanbau
Der Kaiser förderte den Weinbau in Regionen, in denen es zuvor verboten war, wie etwa in Gallien, Zuden setzte er sich stark für den Wiederaufbau des Reiches ein, insbesondere in den vom Krieg verwüsteten Gebieten.
“Gallis omnibus et Hispanis ac Brittannis hinc permisit,
ut vites haberent vinumque conficerent.“
Kaiser Probus gab den Weinanbau außerhalb Italiens frei
Seine Bemühungen, die Wirtschaft wiederzubeleben, etwa durch die Förderung des Weinbaus in neuen Regionen, zeigen, dass er mehr als nur ein Kriegsherr war. Er setzte auch viele Veteranen in der Landwirtschaft ein, um brachliegende Gebiete wieder urbar zu machen. Dieses Engagement für zivile Projekte hebt ihn von Kaisern ab, die sich stärker auf militärische Erfolge und Selbstinszenierung konzentrierten.
Leider führte Probus’ militärische Disziplin zu Spannungen mit den Soldaten, die nicht immer bereit waren, Aufgaben wie Straßenbau oder landwirtschaftliche Arbeiten zu übernehmen. Der Unmut darüber führte schließlich zu seiner Ermordung durch seine eigenen Truppen im Jahr 282. Es war ein tragisches Ende für einen Kaiser, der offenbar viel für das Wohl des Reiches erreichen wollte.
Die militärische Strategie änderte sich: Statt einer festen Grenzbefestigung setzte man nun stärker auf mobile Truppen, die auf Bedrohungen reagieren konnten. Spätestens unter Diokletian (284–305) wurde der Limesaufgegeben, und der Rhein bildete wieder die Hauptverteidigungslinie im Westen.
Doch der Limes konnte nicht mehr dauerhaft gehalten werden.
Während die Tetrarchie, die von Kaiser Diokletian eingeführte Vierkaiserherrschaft, dem Reich für eine Zeit Stabilität brachte, führte sie auch zu weitreichenden Reformen in der Verwaltung und im Militär. Diokletians Neuorganisation des Heeres – darunter die Aufteilung in Grenztruppen (Limitanei) und mobile Einheiten (Comitatenses) – veränderte die Struktur und den Einsatz der Legionen grundlegend.
Die letzten Spuren der Legio I Minervia
Die Legio I Minervia, einst eine der wichtigsten militärischen Einheiten in der Provinz Germania Inferior, war bis ins Jahr 295 durch Inschriften in Bonn nachweisbar. Danach verschwand sie allmählich aus den schriftlichen Quellen. Es gibt Hinweise, dass Teile der Legion möglicherweise an Feldzügen in Gallien unter dem Mitkaiser Maximian beteiligt waren oder sogar die Usurpation des Carausius in Britannien unterstützt haben. Doch ihre Spuren verlaufen im Dunkeln, und es gibt keine konkreten Aufzeichnungen mehr über ihre Existenz nach dieser Zeit. Es bleibt unklar, ob sie aufgelöst oder an einen anderen Ort verlegt wurde. Die letzten Jahrzehnte des 3. Jahrhunderts markierten somit das allmähliche Verschwinden dieser wichtigen Einheit aus Bonn.
Eine Region im Wandel
Mit dem Rückgang der militärischen Präsenz der Legionen veränderte sich auch das Leben in Bonn dramatisch. Während die Stadt im 3. Jahrhundert noch rund 21.000 Einwohner hatte, waren es in der Spätantike nur noch 3.000 bis 4.000. Viele der verbliebenen Bewohner zogen sich in das Legionslager zurück, das zunehmend auch als Zufluchtsort diente. Die die umliegenden römischen Landgüter und Dörfer aufgegeben wurden oder verfielen.
Konstantin und Kastell Deutz
Nach Diokletians Tod setzte sich Konstantin in einem blutigen Machtkampf gegen seine Mitkaiser durch, so hatte die Tetrachie keinen Bestand. Konstantin selbst kam in die C.C.A.A. und ließ die Rheingrenze neu befestigen (um 310). Männer der Legion XXII Primigenia erbauten das castellum divitia, mit Steinen vom Drachenfels . Zugleich entstand die erste feste Rheinbrücke aus Holz, sie verband das Kastell mit der Stadt. Endlich herrschte an der Rheingrenze relative Ruhe, wenigstens für einige Jahrzehnte.
Neubeginn und Niedergang
Doch die Region blieb weiterhin von Angriffen bedroht. Insbesondere in den 350er Jahren, als die Franken und Alemannen über den Rhein drangen, wurde das Legionslager schwer beschädigt. Unter dem späteren Kaiser Julian, genannt “Apostata”, kam es zu einer zeitweisen Stabilisierung, als er die Angreifer zurückschlagen und Bonn erneut befestigen ließ. Doch diese Bemühungen waren letztlich nur ein Aufschub des Unvermeidlichen.
Zusammenbruch der Rheingrenze
Am Rhein verschärfte sich die Krise weiter. Viele römische Städte und Lager entlang des Rheins wurden aufgegeben oder konnten nicht mehr gehalten werden. In Bonn, dem Standort des einstigen Legionslagers, war die römische Präsenz bald kaum noch zu spüren.
Um 401/402 standen die Westgoten in Italien. Kaiser Honorius zog mit seinem Hof nach Ravenna, denn es galt als uneinnehmbar. Sein Heermeister Stilicho, ein Vandale, konnte die Goten besiegen. Doch schon 405/406 fiel ein weiteres gotisches Heer in Italien ein, und auch Alarichs Truppen standen noch an der Grenze. In dieser Notsituation zogen die Römer Truppen vom Rhein ab. Um 406/407 überschritten Tausende Vandalen, Sueben und Alanen bei Mainz den zugefrorenen Rhein, überrannten die romtreuen Franken auf der linken Rheinseite und drangen bis tief nach Gallien ein. Damit begann der Zerfall der römischen Herrschaft in Gallien; für Jahrzehnte herrschten Anarchie und Not.
Fränkische Scharen erstürmten Köln. Noch einmal konnten die Römer sie zurückdrängen, doch das Ende der Römerherrschaft zeichnete sich ab.
Aegidius – Ein letzter Verteidiger der römischen Ordnung
Als einer der letzten Verteidiger der römischen Herrschaft am Rhein tat sich der Feldherr Aegidius hervor. Dabei kämpfte er nicht nur gegen die eindringenden Franken, sondern auch gegen den Zerfall der römischen Strukturen.
Nach dem endgültigen Fall Kölns 455 zog er sich nach Nordgallien zurück und errichtete dort eine eigene Machtbasis. Ihm ging es nicht um Machtgewinn, sondern vielmehr darum, die römische Kultur und Ordnung gegen die Wellen der Invasionen zu verteidigen.
Ein Erbe, das bleibt
Die römischen Städte am Rhein jedoch wurden zu wichtigen Zentren mittelalterlicher und moderner Entwicklung. Bis heute prägen sie das kulturelle und historische Erbe des Rheinlandes. Das zeigt sich in Siedlungsstrukturen, Ortsnamen, Straßenzügen und den vielen archäologischen Funden, die über die Jahrhunderte entdeckt wurden.
Die mittelalterlichen Gelehrten haben maßgeblich dazu beigetragen, die Schriften antiker Autoren wie Cicero, Seneca und Marcus Aurelius zu bewahren und zu überliefern. Klöster und Universitäten hielten die Texte in Ehren, kopierten sie und schufen damit die Grundlage für das Wiederaufleben antiker Gedanken während der Renaissance. Diese lange Tradition hat das Fundament unserer modernen Geisteswissenschaften mitgestaltet und bereichert unser Verständnis von Ethik, Politik und Lebensführung bis heute.
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Römerzeit
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