Der ferne Kaiser

Die Welt Friedrichs II.
Die Welt Friedrichs II.

Der letzte Beitrag zur Stauferzeit Der ferne Kaiser führt in die 1230/40er Jahre, als Kaiser Friedrich II. überwiegend in Süditalien war. Nur 1235 kam er noch einmal nach Deutschland.  Es waren bewegte Jahre für das Reich und auch den Kaiser selbst. 

Die oberitalienischen Städte kriegte er einfach nicht unter Kontrolle. Die seit jeher schwierige Beziehung zu seinem Sohn Heinrich (VII.) sollte tragisch enden.

Ketzerei als Majestätsverbrechen

Auch im Heiligen Römischen Reich ging die Kirche mit aller Entschiedenheit gegen „Ketzer“ vor. Nun griff auch die Staatsmacht durch. Kaiser Friedrich II. hatte dem Papst von Anfang an und immer seine Unterstützung im Kampf gegen Ketzer zugesichert. Seinem ersten Gesetz vom November 1220 waren weitere gefolgt.

Friedrich II. sah die – gottgewollte – Autorität seiner Staatsregierung durch die Ketzer gefährdet. Ausgerechnet er, der selbst alles in Frage stellte, erließ die umfangreichste und bedeutendste Gesetzgebung gegen Ketzer: Häresie wurde als Majestätsverbrechen angesehen und mit dem Tod bestraft. Nicht nur das. Papst Innozenz III. hatte sich von dem Grundgedanken leiten lassen, der Herr wolle die Bekehrung des Ketzers, nicht dessen Tod. Nun wurde das bisher gültige Untersuchungs- und Bekehrungsverfahren aufgehoben, nun konnten die Inquisitoren nach eigenem Ermessen und mit aller Vollmacht handeln. Die Konstitutionen des Kaisers brachten eine schlimme Wende.

1231 wurde Friedrichs Gesetzgebung ins Kirchenrecht übernommen. Papst Gregor IX. übertrug die Ketzerbekämpfung einem Mann, der viel Leid über Deutschland bringen sollte: Magister Konrad von Marburg, ehemaliger unerbittlicher Beichtvater der Landgräfin Elisabeth von Thüringen. Von Köln aus organisierte Konrad ein Netz von Spitzeln, die ihm Namen und Vergehen vermeintlicher Ketzer zutrugen. Er ging davon aus, dass jeder Verdächtigte auch schuldig war, und machte kurzen Prozess: keine weiteren Zeugenverhöre, keine Bekehrungsversuche mehr. Bald loderten überall Scheiterhaufen.

Ketzerprozess gegen Heinrich III. von Sayn

Selbst Graf Heinrich III. von Sayn wurde 1233 angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, er habe an einer Ketzerzusammenkunft teilgenommen und gräuliche Dinge gesagt und getan. Die Anklage kam einem Todesurteil gleich. Zudem gab es einen privaten Grund für die Feindschaft: die engen Beziehungen Graf Heinrich und seiner Frau Mechthild zur verstorbenen Landgräfin Elisabeth von Thüringen. Mechthild, die hochadelige Thüringerin, hatte wohl einen Teil ihrer Kindheit am Thüringer Hof verbracht, wo auch die etwa gleich alte Königstochter Elisabeth von Ungarn seit ihrem 4. Lebensjahr lebte. Auf der Website des Fürstenhauses heißt es dazu. „Elisabeth wird ihre Verwandten in Sayn mehrfach besucht haben […] Es liegt nahe, dass ihre Kinder einige Jahre bei Heinrich und Mechthild von Sayn Schutz und Zuflucht fanden.“

Der Inquisitor, Ankläger und Richter zugleich, befand Heinrich für schuldig. Doch der mächtige Graf schaffte es, seinen Fall der außerordentlichen Gerichtsbarkeit Konrads zu entziehen und vor ein weltliches Gericht zu bringen. Dies sprach ihn frei. Doch Magister Konrad hetzte weiter gegen den Grafen, rief sogar zum Kreuzzug gegen die Burg Sayn auf. Kurz darauf wurde er auf saynischem Gebiet ermordet.

Heinrich (VII.)

Friedrichs Sohn Heinrich (VII.) regierte in Deutschland, doch nie auf Augenhöhe mit dem Vater. Heinrich unterstützte die aufstrebenden Städte und den niederen Adel gegen die mächtigen Fürsten, doch diese Politik fand nicht die Zustimmung Friedrichs. Auf einem Hoftag im Mai 1231 in Worms pressten die Fürsten Heinrich weitreichende Zugeständnisse ab. Friedrich II. bestätigte sie 1232 im „Statutum in favorem principum“, einer Urkunde, in welcher den weltlichen Fürsten die gleichen Rechte zugesprochen wurden wie den geistlichen – auch sie waren fortan Landesherrn. Das ging auf Kosten der Städte und auch des Reiches, denn nun können mächtige Fürstentümer entstehen.

Heinrich wurde zu seinem Vater zitiert und vor aller Welt gedemütigt. Nun revoltierte er, rief zum Kampf gegen den Kaiser auf und verbündete sich sogar mit dessen ärgsten Feinden, den oberitalienischen Städten. Das war Hochverrat. Friedrich reiste selbst nach Deutschland. Nachdem er 15 Jahre lang nicht mehr in Deutschland gewesen war, kam er nun mit all seiner orientalischen Pracht. Heinrich unterwarf sich, aber ihm wurde nicht vergeben; sein Vater verurteilte ihn zu lebenslangem Kerker.

Im selben Jahr heiratete Friedrich in Worms in dritter Ehe Isabella von England, die Tochter König Johann „Ohnelands“. Köln hatte sie bei ihrer Ankunft willkommen geheißen. Es war ein letzter Höhepunkt der „höfischen Zeit“.

Lebensgeschichten

In diesen Monaten war Graf Heinrich III. von Sayn oft am Hof Kaiser Friedrichs II. Ob er auch an der feierlichen Erhebung der Gebeine der heiligen Elisabeth in Marburg teilgenommen hat? Am 1. Mai 1236 hatte der Kaiser, barfuß und im Büßergewand, der Zeremonie beigewohnt. Wir haben kein Zeugnis davon, doch es ist gut denkbar.

Cäsarius von Heisterbach hatte 1236/37 Elisabeths Lebensgeschichte verfasst. In Heisterbach war inzwischen die Abteikirche fertig gebaut und am 18. Oktober 1237 konsekriert. Mit 88 m Länge übertraf dieser Bau, der zisterziensische und niederrheinische Bauelemente vereinte, alle romanischen Kirchen Kölns, außer dem damaligen romanischen Dom.

Apulien

In den 1240er Jahren war Friedrich zumeist in Apulien, denn er liebte dieses Land. Foggia war sein Regierungssitz, in Gioia del Colle lebte Bianca Lancia, seine große Liebe, die er kurz vor ihrem Tod noch geheiratet hat. Mit ihr hatte er zwei Töchter und den Sohn Manfred, mit dem er sein berühmtes Falkenbuch schrieb. Castel del Monte entstand.

Sein Sohn Konrad aus der Ehe mit Isabella von Brienne vertrat ihn in Deutschland. Der zu lebenslanger Haft verurteilte Heinrich (VII.) beging 1243 Selbstmord.

Kampf gegen das Papsttum

Friedrich II. führte einen erbitterten Kampf gegen das Papsttum. Der Papst verfolgte den Kaiser mit fanatischem Hass, brandmarkte ihn als Ketzer, als leibhaftigen Antichrist und Diener des Satans. Sonntag für Sonntag wurden diese schrecklichen Vorwürfe und der Bannspruch in den Gottesdiensten überall im Reich vorgelesen. Einige der Großen des Reiches, unter ihnen Heinrich III. von Sayn, wandten sich in einem Brief vom 2. April 1240 an den Papst und versuchten zu vermitteln, doch vergeblich. 1243 trat Innozenz IV. die Nachfolge von Gregor IX. an; es begann ein Vernichtungskrieg. Im Juli 1245 auf dem Konzil von Lyon ließ der Papst den Kaiser absetzen. Mit viel Geld warb er einen Gegenkönig an, Heinrich Raspe von Thüringen, und scheute sogar vor Mordanschlägen nicht zurück. Der Kaiser nahm unerbittlich Rache, wenn er sich hintergangen fühlte.

Kaiser oder Papst – alles andere verschwand hinter diesem Endkampf. Da spielte es auch keine Rolle mehr, dass im Osten des Reiches eine tödliche Gefahr drohte – die Mongolen. Anfang 1241 lag nur noch das Herzogtum Schlesien zwischen ihnen und Mitteleuropa. Der in Liegnitz regierende Herzog stellte sich mit ein paar Tausend Männern dem übermächtigen Feind und erlitt eine furchtbare Niederlage, er und fast alle seine Streiter kamen um. Nur wegen ihrer eigenen hohen Verluste und dem Tod ihres Großchans wenig später ließen die Mongolen von Europa ab.

Konrad von Hochstaden, der Mann des Papstes

1238 wurde Konrad von Hochstaden Kölner Erzbischof (1238-1261), obwohl sich schon vor seiner Wahl gezeigt hatte, dass er gewalttätig und hemmungslos war, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte. Anfang August belehnte ihn Kaiser Friedrich II. im Lager zu Brescia mit den Regalien des Reiches, er galt als stauferfreundlich. Doch als ein halbes Jahr später Papst Gregor IX. Kaiser Friedrich II. zum zweiten Mal bannte, wechselte der Erzbischof die Fronten. Fortan war er der mächtigste Kämpfer für den Papst im „Endkampf“ gegen Friedrich II.

Fehden am Niederrhein

Am Niederrhein führte das zu einer heftigen Fehe zwischen dem Erzbischof und den Anhängern des Stauferkaisers, in die auch Graf Heinrich III. von Sayn verwickelt war, mit ungünstigem Ausgang für ihn. Es folgte eine etwas brüchigen Neutralität.

Erzbischof Konrad gelang ein taktischer Schachzug. 1240 verheiratete er seine Schwester Margarete an Adolf, den ältesten Sohn des Herzogs Heinrich von Limburg,Graf von Berg. Als Adolf IV. von Berg schloss der sich dem Erzbischof auch politisch an. Erzbischof Konrad ließ den Turm der Godesburg erhöhen, die Wolkenburg verstärken und 1244 Bonn durch eine Stadtmauer befestigen. Am Rheinufer richtete er eine Zollstätte ein, doch ohne Autorisierung durch Kaiser Friedrich II., und damit war sie illegal.

Die nächsten Jahre waren durch Territorialkriege geprägt, in denen sich Eigeninteressen des Erzbischofs und politische Gegnerschaft mischten.

Die Sayner und Blankenberg

In seinen letzten Lebensjahren brachte sich der Graf immer wieder ein, um den Frieden im Rheinland zu wahren. Burg Blankenberg war das Zentrum seiner Herrschaft, und 1245 gründeten Mechthild und er hier die Stadt Blankenburg.

Graf Heinrichs III. von Sayn verstarb in der Silvesternacht 1246/47, ohne Erben. Gräfin Mechthild ließ eine Grabfigur aus Eiche schaffen, die ihn mit einem kleinen Mädchen zeigt. Sie befindet sich heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, eine Replik ist in der Abteikirche Sayn.

„Königsmacher“

Mit viel Geld hatte der Papst einen Gegenkönig angeworben, den thüringischen Landgrafen Heinrich Raspe, ein Schwager der Heiligen Elisabeth. Für Konrad von Hochstaden war die vom Papst betriebene Absetzung des Kaisers durch das Konzil von Lyon die Gelegenheit zum Ausbau seiner territorialen Macht. Die staufische Herrschaft musste enden, damit er am Rhein und in Westfalen unbestrittener Herr wurde.

Doch Raspe verstarb schon 1247. Nun wurde Konrad von Hochstaden zum „Königmacher“. Am 3. Oktober 1247 wählten er, die Erzbischöfen von Mainz und Trier, andere hohen Geistliche und Herzog Heinrich II. von Brabant den Neffen des Herzogs, Graf Wilhelm von Holland. Dafür hatte er Konrad von Hochstaden alles Reichsgut verpfänden müssen, das es am Niederrhein noch gab. Solange Friedrich II. noch lebte und sein Sohn Konrad IV. den Süden Deutschlands auf der Seite der Staufer halten konnte, musste Wilhelm von Holland das hinnehmen.

Das Ende der Stauferzeit

Endlich hatte Friedrich II. Grund zu vorsichtigen Optimismus. Seine Truppen hatten in Oberitalien gesiegt, und sein Sohn Konrad IV. konnte in Deutschland Boden gewinnen. Doch dann erkrankte er schwer an der Ruhr und verstarb um 13.12.1250 in Castel Fiorentino.

Der Hass des Papstes verfolgte die Staufer über seinen Tod hinaus. Karl von Anjou, Bruder Ludwigs IX. des Heiligen von Frankreich, eroberte Süditalien und Sizilien für den Papst – und für sich selbst. Friedrichs Söhne und sein Enkel Konradin kamen beim Kampf um ihr Erbe um; Süditalien ging dem Reich für immer verloren.

Doch Frankreich, der Verbündete der Päpste im Kampf gegen die Staufer, sollte sich bald gegen sie wenden.

Stauferzeit 6 — Der ferne Kaiser | Zum Weiterlesen
Graf Heinrich III. vom Sayn im Portal Rheinische Geschichte

Stauferzeit
Friedrich Barbarossa und die Kölner Erzbischöfe | Herrscher, Minnesänger und Zisterzienser | Krieg um den Thron | Europa im Umbruch | Friedrich II. und die Herren vom Siebengebirge | Der ferne Kaiser

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*