Burgen und Rheinzölle

Bonner Zollstation am Rhein, Siebengebirge im Spätmittelalter, Kurfürsten und Könige
Bonner Zollstation am Rhein

Unsere Region liegt ganz am nördlichen Ende des Mittelrheintals, mittelalterlich gesprochen an der Südgrenze des Machtbereichs der Kölner Erzbischöfe, die zugleich weltliche Herren und Kurfürsten waren. Am Rhein drängten sich gleich vier Kurfürsten, dazu viele kleinere Grafen und adlige Herren. Sie alle hatten die Rheinzölle als Einnahmequelle für sich entdeckt und errichteten Zollsperren.

Das war gut möglich, denn so wichtig der Rhein als Verkehrsweg war, so schwierig war der Mittelrhein für die Schiffer damals. Es gab keine durchgehende Fahrrinne, dafür viele Gefahren.

Erzbistum Köln am Mittelrhein

Rheinland, um 1167. Im Bonner St. Cassius-Stift konnten die Leute um Propst Gerhard von Are zufrieden sein, ebenso die Kölner Erzbischöfe. Ihre neue Burg Drachenfels stand. Nun hatten die Kölner Erzbischöfe eine noch stärkere Präsenz am Südrand ihres Gebietes.  Seit über 30 Jahren standen schon Burg Wolkenburg ganz in der Nähe und drüben auf der linken Rheinseite Burg Rolandseck. Rheinzölle wurden im Siebengebirge nicht erhoben, dafür aber ab den 1240er Jahren in Bonn. Vom Drachenfels aus konnte man bestimmt gut sehen, wie die Rheinschiffer dort an der Stadtmauer anlegten und erst einmal kräftig zahlen mussten.

Interessenkonflikte

Auch am Oberen Mittelrhein wollten die Kölner Erzbischöfe mitbestimmen. Schon vor 1135 war Burg Stahleck über Bacharach entstanden, man hatte die pfalzgräfliche Burg Rheineck erobert, und um 1156/1164 entstand Burg Stahlberg. Dabei war der amtierende Pfalzgraf Konrad der Staufer zunächst ins Hintertreffen geraten. Auch er wollte seinen Machtbereich ausdehnen und gegen die Erzbischöfe von Trier und Köln behaupten.

Auch Trierer Erzbischöfe mengten mit. Zwar lag der Mittelrhein im östlichen Grenzbereich des Erzstift, doch hier ging es um Macht und handfeste wirtschaftliche Interessen, dazu gehörten auch Rheinzölle. Um 1160 erwarben die Trierer Erzbischöfe die Burg Ehrenbreitstein und bauten sie aus. Von hier aus suchten sie möglichst viele Burgen unter ihre Lehnsherrschaft zu bringen. Die Mainzer Erzbischöfe galten formal als die ranghöchsten im Reich, doch als Burgengründer und Zollherrn traten sie noch nicht auf.

Eine Hochzeit auf Stahleck

Die Kölner Erzbischöfe hatten Burg Stahleck den Pfalzgrafen als Lehen übertragen. 1189 wandelte es Kaiser Friedrich I. Barbarossa, ein enger Verwandter des Pfalzgrafen Konrad, in ein Erblehen um. 1194 fand hier eine Hochzeit statt: Konrads Tochter Agnes heiratete Heinrich, den ältesten Sohn Heinrichs des Löwen aus der Familie der Welfen. Es war eine Liebesheirat und sie fand in aller Heimlichkeit statt, denn die beiden Familien waren verfeindet, und Kaiser Heinrich VI. hatte andere Heiratspläne für Agnes.

Nach dem Tod Konrads 1195 wurde Heinrich Pfalzgraf. Doch schon 1197 stürzte der plötzliche Tod des Kaisers das Reich ins Chaos. Wenig später brach der Thronkrieg aus zwischen dem jüngeren Bruder des Kaisers, Philipp von Schwaben, und dem jüngerem Bruder des Pfalzgrafen, Otto von Braunschweig-Poitou. Pfalzgraf Heinrich trat 1212 die Pfalzgrafenwürde an seinen Sohnes Heinrich d.J. ab, doch der verstarb schon 1214 kinderlos.

Burg Stahleck, Bacharach
Burg Stahleck, Bacharach

Die Wittelsbacher am Rhein

Nach Jahren des Thronkriegs regierte nun Friedrich II. im Reich. Er belehnte den Wittelsbacher Ludwig mit der Pfalzgrafschaft, ihr Sitz war Stahleck.

Vielleicht als Reaktion auf einen Angriff Pfalzgraf Heinrichs während des Thronkriegs war im Namen des Mainzer Erzbischofs Burg Ehrenfels auf halber Berghöhe zwischen Rüdesheim und Assmannshausen entstanden.

Die geschäftstüchtigen Wittelsbacher Pfalzgrafen erhoben Rheinzölle. Bei Kaub gab es Felsen im Rhein und bei Bacharach starke Strudel. 1231 war die Marksburg über Braubach pfalzgräfliches Lehen an die Herren von Eppstein, und sie waren drauf und dran, auch in Braubacher Zoll zu erheben. Der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden gab ihnen 1243 die Burg Fürstenberg über Rheindiebach.

Fürstenberg, Lahneck und Stolzenfels

Wo die Lahn in den Rhein fließt, stießen die Interessen der Erzstifte Köln, Trier und Mainz aufeinander. Engelbert I. von Berg, der mächtige und streitbare Kölner Erzbischof, wollte auch am Oberen Mittelrhein mitbestimmen, 1219 entstand bei Bacharach Burg Fürstenberg über Rheindiebach. In Oberlahnstein, einer kleinen Mainzer Exklave, entstand ab 1240 Burg Lahneck. Sie schützte die nahegelegenen Silberbergwerke der Mainzer, und auch die Erzbischöfe haben gerne hier residiert, und die Burg reich verschönert. Die Trierer Erzbischöfe standen nicht nach. Etwa zeitgleich, um 1250, entstand auf halber Höhe über Koblenz-Stolzenfels Burg Stolzenfels.

Katzenelnbogen und Rheinfels

Am Oberen Mittelrhein um St. Goar war das Gebiet der Grafen von Katzenelnbogen, hier gab es Sandbänke im Strom. Auch die Grafen wollten kräftig Rheinzölle kassieren. 1245 entstand ihre Burg Rheinfels über St. Goar als Zollburg für die rheinaufwärts fahrenden Schiffe. Gemäß der zeitgenössischen Quelle, den Wormser Annalen war es dreist, am gefährlichsten Punkt des Stromlaufs, noch dazu linksrheinisch, Rheinzölle zu erheben. Ein Jahr lang 1255/56 belagerte der Rheinische Städtebund Rheinfels, doch erfolglos, und Rheinfels galt fortan als uneinnehmbar.

Bonner Zollstätte

Die Rheinzölle waren hochinteressant für den machtgierigen und gewaltbereiten Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden (EB 1238-1261). An der 1244 neu errichteten Bonner Stadtmauer richtete er eine Zollstätte ein, doch ohne Autorisierung durch Kaiser Friedrich II., und damit war sie illegal. Das störte den Erzbischof freilich nicht, denn er hatte längst die Fronten gewechselt und war im „Endkampf“ zwischen dem Papst und dem Kaiser zum gefährlichsten Gegner der Staufer im Reich geworden.

Raubritterburgen Sooneck und Reichenstein

Nach dem Tod Friedrichs II. 1250 brach das Stauferreich zusammen. In Deutschland gab es wohl Könige, sogar mehrere gleichzeitig – aber nur dem Namen nach, keiner von ihnen konnte sich landesweit durchsetzen. Das wäre auch nicht im Interesse der Großen des Reiches gewesen, die ihre eigene Macht ausbauen wollen. So machten die großen und kleinen Fürsten, was sie wollten. Kaum jemand hatte die Macht, Rechtssicherheit zu schaffen und Übergriffe zu ahnden, darunter litten vor allem die einfachen Leute. Reisende mussten ständig auf der Hut sein vor Wegelagerer und Raubrittern.

Da wundert es nicht, dass es nicht nur bei den legal erhobenen Zöllen blieb. Die Burgen Sooneck und Reichenstein am Oberen Mittelrhein galten bald als Raubritterburgen. Beide Burgen gehörten der Aachener Reichsabtei Kornelimünster und sollten deren Gebiete am Oberen Mittelrhein schützen. Doch die adlige Zollvögte bereicherten sich vor allem selbst, drangsalierten die Menschen in der Umgebung und die Rheinschiffer. Zur Strafe steckte der Rheinische Städtebund 1253 Reichenstein in Brand.

König Rudolf von Habsburg greift durch

Schließlich wurden die chaotischen Zustände im Reich sogar den mächtigen Fürsten zuviel, einstimmig wählten sie einen fähigen Mann, Rudolf von Habsburg (1273-91) . Der griff durch, unter anderem musste der amtierende Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg den illegal erhobenen Rheinzoll in Bonn niederlegen und sogar Schadensersatz leisten.

Doch die Herren auf den Burgen Sooneck und Reichenstein waren Raubritter geblieben, keiner konnte die gewalttätigen Verwalter bremsen. 1282 belagerte König Rudolf Reichenstein und Sooneck und zerstörte sie. Sooneck und Reichenstein durften nicht wieder aufgebaut werden.

Stimme bei der Königswahl gegen Bonner Zoll

Nach der Niederlage in der Schlacht von Worringen sah es lange nicht gut aus für den Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg. Doch dann spielte die Reichspolitik ihm in die Hände. König Rudolfs Versuch, seinen Sohn Albrecht zum Thronfolger wählen lassen, scheiterte. Statt seiner wählten die Fürsten 1292 Adolf von Nassau, einen weniger bedeutenden und fast mittellosen Fürsten. Der Kölner Erzbischof selbst hatte ihn vorgeschlagen. 1293 bestätigte Adolf ihm dann für 15 Jahre den Bonner Zoll.

Doch als König wollte auch Adolf seine eigene Politik betreiben und, und das ging nicht gut. Die Kurfürsten vereinten sich gegen ihn, setzten ihn ab und wählten 1298 Albrecht I. von Habsburg (1298-1308) zum König.

Der Kurfürstenkrieg

Auch Wigbolt von Holte, Nachfolger Siegfrieds von Westerburg, hatte Albrechts gewählt und sich seine Stimme reich entlohnen lassen. Vor allem hatte ihm Albrecht den bislang befristeten Bonner Rheinzoll erneuert und in ein dauerhaftes Regalrecht umgewandelt. Das war ganz besonders wichtig, denn bislang galt der Bonner Zoll als Neuerung, die ein Herrscher geduldet oder bestenfalls befristet genehmigt hatte. Jeder König oder Kaiser hätte seine Abschaffung verlangen können.

König Albrecht I. saß seinerseits fest im Sattel. Doch dann wollte er den Kurfürsten zeigen, wer im Reich das Sagen hat. Sie schlossen sich gegen ihn zusammen und wollten ihn absetzen. Albrecht verbündete sich mit den Städten und den Grafen, in unserer Region bei den Grafen von Jülich, Berg und Kleve, die dem wieder erstarkenden Kölner Erzbischof misstrauten, dessen hohe Rheinzölle zudem ihren eigenen Handel belasteten.

Nun begann ein „Zollkrieg“. König Albrecht verbot alle Rheinzölle bis auf die noch von Friedrich II. in seiner Mainzer Reichslandfrieden selbst verliehen oder anerkannt hatte. Das stärkte die Grafen und schmälerte das Einkommen des Erzbischofs beträchtlich. Beide Seiten griffen zu den Waffen. Albrecht siegte auf der ganzen Linie, mehrere Wochen lang wurde das Kölner Gebiet verwüstet, schließlich musste Erzbischof Wigbolt seinen Widerstand aufgeben. Im Sühnevertrag vom 24. Oktober 1302 verlor er viele seiner Zollrechte, u.a. musste die Zollerhebungsstelle Bonn niederlegen.

Mainzer Zollstelle am Binger Loch

Politisch und militärisch hatte König Albrecht I. den Kurfürsten seinen Willen aufgezwungen, wirtschaftlich war ihm der Mainzer bald über, denn Albrecht hatte Schulden bei ihm. Zwischen 1302 und 1307 entstand die Zollstätte an Burg Ehrenfels, aus dem Zollaufkommen wollte König Albrecht seine Schulden begleichen. Bis zu seiner Ermordung 1308 schaffte er das nicht. Als auch die nachfolgenden Könige vom Erzstift Mainz Geld liehen und dafür das Zollrecht verpfändeten, gelangte die Zollstätte faktisch auf Dauer in den Besitz des Erzstifts Mainz.

Die enge Fahrrinne des Binger Lochs war als Zollstation gut geeignet. Für die militärische Absicherung sorgten die Burg Ehrenfels und Burg Klopp vor dem Eingang des Engtals als nördlicher Mainzer Eckpfeiler, erstmals 1282 erwähnt. Zu Anfang des 14. Jahrhunderts entstand auf einem Felsen im Rhein der Mäuseturm, der Mautturm. Die genaue Entstehungsgeschichte ist allerdings unklar. Damit stand eine perfekte Mainzer Zollstelle am Binger Loch.

Schließlich erwarben die Mainzer nach jahrzehntelangem Hin- und Her die ehemaligen Raubritterburgen Sooneck und Reichenstein und stellten sie wieder her, nachdem Karl IV. 1349 das Wiederaufbauverbot für Reichenstein aufgehoben hatte.

Reichenberg, die feindlichen Brüder und Rheinstein

Wohl um 1316/17 begann das Erzstift Mainz mit dem Bau der Burg Rheinstein (damals Fautsberg), erstmals erwähnt ist sie 1323. Damals ging es darum, das Wiederaufbauverbot der Ruine Reichenstein zu überwachen.

1319 begannen die Katzenelnbogener mit dem Bau von Burg Reichenberg, mit Erlaubnis der Trierer, nicht aber der Mainzer und einiger Städte der Umgebung.

Etwa zur selben Zeit, 1320, verkauften die Herren der Burg Sterrenburg, ihre Burg samt dem Rheinzoll an die Trierer. Der Rheinzoll hatte sie reich gemacht, und als der illegitime Sohn Rudolfs von Habsburg in die Familie einheiratete, wurde für ihn die Vorburg der Sterrenberg ausgebaut und hieß seither Liebenstein. Nun wurde Sterrenburg gegen Liebenstein befestigt und vermutlich gab es bewaffnete Auseinandersetzungen. Der Name geht auf eine Sage von zwei Brüdern zurück, doch bald wurden die Burgen selbst so bezeichnet.

Die Zollsperre der Pfalzgrafen bei Kaub

Die Wittelsbacher Pfalzgrafen hatten inzwischen eine starke Machtposition am Rhein. Sie stellten sogar den König, Ludwig IV. „der Bayer“. 1325/26 bauten sie auf einer Strominsel vor Kaub eine weitere Zollstation, Pfalzgrafenstein, kurz „Pfalz bei Kaub“ genannt.  Ursprünglich bestand sie nur aus einem Turm, zwölf Jahre später kam die schiffsförmigen Ringmauer hinzu. Zusammen mit Burg Cube, später Gutenfels, das sie ganz gewaltig ausbauten, hatten die Pfalzgrafen hier die perfekte Zollsperre.

Astudin, Pfalz bei Kaub und Burg Gutenfels
Astudin, Pfalz bei Kaub und Burg Gutenfels

„Katz“ und „Maus“

1283 waren Braubach und die Marksburg an die Grafen von Katzenelnbogen gekommen. Um 1350- 1375 wurde sie umgebaut und im gotischen Stil erweitert, so kennen wir sie heute. Auch Burg Rheinfels wurde um 1360–1370 groß ausgebaut.

Zugleich entstand über St. Goarshausen die Burg Neukatzenelnbogen. Einige Jahre zuvor hatten die Trierer mit dem Bau einer eigenen Burg in unmittelbarer Nähe begonnen, Burg Peterseck über St. Goarshausen-Wellmich. Den amtierenden Grafen von Katzenelnbogen schien das nicht groß zu kümmern. Seine „Katz“ werde sich die „Maus“ schon schnappen, kommentierte er. Schon bald waren diese Namen in aller Mund. Nun konnten die Katzenelnbogener auch von den rheinabwärts fahrenden Schiffen Zoll kassieren, denn an Burg „Katz“ und Burg Rheinfels kam wohl kaum jemand vorbei. „Burg Maus“ wurde freilich sehr schön und diente zwei Trierer Erzbischöfen jener Jahre zeitweise als Residenz.

Godart vom Drachenfels

Fast zum Abschluss des Streifzugs durch die Zeit der Burgen am Rhein treffen wir auf den bekanntesten Burggrafen vom Drachenfels, Godart (1388-1428). Ihn hatten die Steine vom Drachenfels für den Kölner Dom reich gemacht, nicht die Rheinzölle.

Schon zu Godarts Zeit zeichnete sich ab, dass die Zeit der Burgen und Ritter zu Ende ging. Er selbst lebte nicht mehr auf Burg Drachenfels, sondern in einem schönen, warmen Haus in Königswinter. Seine Frau fuhr ab und zu nach Köln, um ein prächtiges Ritterturnier zu erleben. Doch das waren die Turniere, in denen entscheidenden Schlachten des Spätmittelalters unterlagen die Ritter, und gegen die aufkommenden Feuerwaffen und Feldgeschütze konnten sie schon gar nicht bestehen.

Astudin, am Rhein
Ludwig XIV. ließ viele Burgen am Rhein zerstören

Die Kanonen kommen

Der überlegenen Feuerkraft der Kanonen konnten die meisten Burgen nicht widerstehen.

1689 war ein schlimmes Jahr für das Rheinland. Die Soldaten König Ludwigs XIV. von Frankreich zerstörten viele Burgen, unter ihnen der Mäuseturm, Ehrenfels, Sooneck, Stolzenfels, Stahleck, Lahneck, Arenberg, Fürstenberg und Heimberg.

Burgen und Rheinzölle, zum Weiterlesen
Wikipedia-Artikel Rheinzoll

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