Steinbrüche im Siebengebirge

Die Geschichte des Siebengebirges ist untrennbar mit dem Betrieb von Steinbrüchen verbunden. Über Jahrhunderte hinweg wurden hier Tuff, Trachyt, Latit und Basalt in solch großem Umfang abgebaut, dass die Landschaft beinahe vollständig zerstört wurde.

Dass unser Siebengebirge heute wieder als Naturparadies erstrahlt, verdanken wir engagierten Naturschützern um den Verschönerungsverein für das Siebengebirge (VVS), hochrangigen Beamte wie der Oberpräsident Berthold von Nasse und der Bonnem Justizrat Humbroich, ebenso wie zahlreiche Bürgerinnen und Bürger sowie Regierungen, die Naturschutzgesetze verabschiedeten und die finanziellen Mittel bereitstellten. Auf dieser Seite werden die wichtigsten Ereignisse und Meilensteine rund um die Steinbrüche und den Naturschutz im Siebengebirge zusammengefasst.

Ein wichtiger Wendepunkt war die Erklärung des Siebengebirges zum Naturschutzgebiet im Jahr 1922, die Anfang 1923 nach Bestätigung durch die Alliierte Rheinlandkommission in Kraft trat. Das 100-jährige Jubiläum dieser Entscheidung wird in einem eigenen Kapitel durch kurze Videos gewürdigt, die die historischen Ereignisse aus der Perspektive damaliger Zeitungen darstellen (auch wenn diese Zeitungen fiktiv sind).

Drachenfels, Römerzeit

Römisches Steinbrüche am Drachenfels

Fast 500 Jahre lang bildete der Rhein die Grenze zwischen dem Römischen Reich und dem freien Germanien. Auf der linken, römischen Rheinseite entstanden nicht nur Kastelle, Häfen und Legionslager und befestigte Straßen, sondern auch zivile Siedlungen und römische Landgüter. 

Rüdenet, römische Steinbrüche am Drachenfels
Rüdenet, römische Steinbrüche am Drachenfels

Doch die Römer und ihre qualifizierten Baumeister bauten aus Stein und benötigten geeignete Steine. Schon bald begannen sie, am Drachenfels Trachyt abzubauen. Zunächst schlugen die römischen Bauleute auf der gewünschten Trennlinie Stück für Stück Keillöcher ein, dann steckten sie Eisenkeile in die Löcher und schlugen sie mit einem Hammer nacheinander ein, bis ein Spalt durch den Stein ging und man das gewünschte Stück abspalten konnte. Noch vor Ort haute man den Stein grob zusammen und brachte ihn gut gesichert den Berg hinab zum Rheinufer gebracht.

Heimatforscher und Experten streiten, ob hier ein kleiner römischer Hafen war oder nicht.  Bonn, Köln und sogar in weiter entfernten Städten wie Xanten und Nimwegen wurden Bauwerke aus Drachenfels-Trachyt errichtet.

Legionslager Bonn

Während des Bataver-Aufstands (70/71) war das Bonner Legionslager in Flammen aufgegangen. Nun entstand ein neues Legionslager aus Stein. Am Drachenfels brachen die Römer große Mengen Trachyt, transportierten sie in den Bonner Norden und errichteten ein gewaltiges neues Legionslager. Es war eines der größten im Römischen Reich überhaupt.

Stadtmauer Köln

Das ist ungefähr die Zeit, in der vermutlich mit dem Bau der Kölner Stadtmauer begonnen wurde, auch hier wurde neben anderen Steinen Trachyt vom Drachenfels verwendet. In gewichtigen Teilen aber wohl erst im 3. Jahrhundert fertiggestellt oder modifiziert worden ist.

Anfang des 4. Jahrhunderts wurden wieder Steine vom Drachenfels gebrochen. Kaiser Konstantin war in der Köln, damals die C.C.A.A,. und ließ die Rheingrenze neu befestigen. Ab 308 entstand das Deutzer Kastell (castellum divitia).  Gleichzeitig entstand die Römerbrücke, die das Kastell mit der Stadt verband.

Hochmittelalter, Drachenfels

Nach dem Ende der Römerzeit im Rheinland wurde erst im Mittelalter der Steinabbau am Drachenfels wieder aufgenommen. Trachyt vom Drachenfels wurde in der Krypta von St. Maria in Kapitol in Köln.

Burg Drachenfels

Dann entstand die Burg auf dem Drachenfels aus Trachyt. Den Bau begonnen hat um 1140 Erzbischof Arnold I. von Merxheim, dann übertrug er sie dem Bonner St. Cassiusstift unter Probst Gerhard von Are. 1167 war die Burg fertiggestellt. 

Nun konnte er sich dem Ausbau des Bonner Münsters und dem Bau des Kreuzgangs widmen, beides mit Trachyt vom Drachenfels.

Bonner Münster

Auch dem Ausbau des Bonner Münsters unter Gerhard von Are und dem wunderbaren Kreuzgang wurde Trachyt vom Drachenfels verwendet.

Stenzelberg, Hochmittelalter

Kloster Heisterbach und Umgebung

Zwischen 1202 und 1237 entand die große Abteikirche im Kloster Heisterbach. Die Steine brachen die Mönche am nahen Stenzelberg.

Kloster Heisterbach
Kloster Heisterbach

Auch in der näheren Umgebungen finden wir Steine vom Stenzelberg auch im Bonner Münster, den Kirchen von Ober- und Niederdollendorf, der Nikolauskapelle in Heisterbacherrott und der Propsteikirche in Oberpleis.

Drachenfels, Spätmittelalter 

Im Spätmittelalter wurden große Teile des Kölner Doms wurden mit Trachyt vom Drachenfels gebaut, vor allem die tragenden Teile des Doms einschließlich der Pfeiler, Bögen und Teile der Fassaden. 

Wolkenburg, Frühe Neuzeit

Latitabbau

In der frühen Neuzeit war Burg Wolkenburg längst verfallen. Der feine Latit des Berges eignete sich gut für die Fronten vornehmer Bauten, und anspruchsvolle Steinmetze des Barocks und anschließenden Rokokos nahmen ihn gerne.

Kurfürstliche Prachtbauten

Bei zahlreichen ganz feinen Adressen im kurfürstlichen Bonner Raum wurde Latit von der Wolkenburg verwendet, u.a. beim Rathaus, Poppelsdorfer Schloss, und in Brühl bei Schloss Augustusburg und Schloss Falkenlust. 

Bauten in Königswinter

Wenn Sie durch Königswinter streifen, finden Sie Latit von der Wolkenburg verbaut beim Siebengebirgsmuseum Königswinter, Haus Rebstock in der Hauptstraße, der Pfarrkirche St. Remigius und beim Weinbrunnen vor dem Rathaus, Drachenfelsstraße. Übrigens, das heutige Siebengebirgsmuseum ist das ehemalige Wohnhaus eines Königswinterer Steinmetzes, der sich mit dem „Königswinterer Stein“ wohl eine goldene Nase verdient hatte.

Am Petersberger Bittweg

Viele der Wegekreuze entlang des Petersberger Bittwegs sind aus Latit. Einige ältere Kreuze haben einen Sockel aus Trachyt.

Drachenfels, Preußenzeit

Der Kampf um den Drachenfels

Wiedereröffnung der Steinbrüche

Dann 1823 begannen Reparaturarbeiten am Kölner Dom, und die Dombauhütte wollte Trachyt wollte vom Drachenfels haben. Die Königswinterer Steinhauer, zusammengeschlossen in der Steinhauer-Gewerkschaft, wollten sofort mit der Dombauhütte ins Geschäft kommen, doch die Bergkuppe mit den Steinbrüchen war Eigentum des damaligen Königswinterer Bürgermeister Schaefer. Der sah die Gefahr für die Ruine und das Landsturmdenkmal und wandte sich an die preußische Regierung in Köln. Er schilderte er die Interessen der Steinhauer auf der einen und die der Öffentlichkeit auf der anderen Seite und bot die Kuppe der preußischen Regierung zum Kauf an. Doch das Verfahren zog sich über ein Jahr hin, und schließlich verkaufte Schaefer doch an die Steinhauer-Gewerkschaft. Wenig später wurden die Steinbrüche wiedereröffnet.

Unterstützung von Kronprinz Friedrich Wilhelm IV.

Der Drachenfels Hilfe von prominenter Stelle. Kronprinz Friedrich Wilhelm IV., der schon zweimal am Drachenfels gewesen war, hatte in einer Zeitung von der Wiedereröffnung der Steinbrüche gelesen und sofort gehandelt: Sein Hofmarschall schrieb dem Oberpräsidenten der Rheinprovinz in Koblenz, dass dem Kronprinzen und der ganzen königlichen Familie sehr viel am Erhalt der Ruine läge. Wenig später schrieb auch Prinz Friedrich von Preußen an den Oberpräsidenten.

Am 4. Mai 1828 wurden die Steinbrüche auf dem Drachenfels auf Anweisung der Königlichen Regierung in Köln die vorläufig geschlossen, vor allem wegen der Gefährdung der Menschen und Gebiete unterhalb der Ruine. Dennoch wurden weiter Steine gebrochen. Dann stürzte im Mai 1828 der Nordgiebel der einstigen Burgkapelle ab. Die Auseinandersetzungen wurden immer heftiger, sie wurden vor Behörden und Gerichten, aber auch in den Zeitungen ausgetragen.

Der Staat Preußen kauft den Drachenfels (1836)

König Friedrich Wilhelm III. muss entscheiden

Es kam zu einem jahrelangen, erbittert geführten Rechtsstreit zwischen der Königswinterer Steinbrechergewerkschaft, engagierten Bürgern und den preußischen Behörden, der schließlich auf den Schreibtisch König Friedrich Wilhelms III. gelangte.

Am 23. Mai 1829 erließ er eine Kabinettsorder: Der preußische Staat sollte das Eigentum am Drachenfels mit seiner Ruine erwerben, dazu sollten Kaufverhandlungen mit der Steinhauer-Gewerkschaft geführt werden, wofür er 10.000 Taler bewilligte. Sollten die Verhandlungen zu keiner Einigung führen, würde das Enteignungsverfahren nach geltendem Recht eingeleitet. Im selben Jahr verfügte das preußische Innenministerium die Einstellung aller Steinbrucharbeiten.

Tatsächlich scheiterten die Verhandlungen, daraufhin ordnete der König 1830 die Durchführung des Enteignungsverfahrens an. Am 15. März 1831 erklärte das Landgericht Köln die preußische Regierung zur Eigentümerin der Bergkuppe des Drachenfelses. Noch fünf Jahre zog sich der erbittert geführte Rechtsstreit hin, dann 1836 kaufte die preußische Regierung den oberen Teil des Drachenfelses mit der Ruine, und er kam unter Denkmalschutz.

Ofenkaulberg, 19. Jahrhundert

Tuffstein zum Bau von Backöfen

Der Ofenkaulberg besteht zu einem großen Teil aus Tuffstein. Bereits seit dem späten 18. Jahrhundert wurde hier unter Tage Tuff abgebaut, ein begehrtes Material zur Herstellung von Backöfen. Vor allem im 19. Jahrhundert erlangten die „Königswinterer Backöfen“ große Bekanntheit.

6 Kommentare

  1. Mit dem Zusammenbruch des römischen Imperiums soll der Steinbruchbetrieb am Drachenfels völlig eingestellt und erst im 2. Jahrtausend wieder aufgenommen worden sein. Die Angaben zum Trachyt-Abbau schwanken: Nach Heinrich Leven, Beiträge zur Geschichte der Steinbruchtätigkeit und Steinbruchbetriebe im Siebengebirge, Bonn 1954, soll es erst im 12. Jh. wieder eindeutige Hinweise der Verwendung von Drachenfelstrachyt geben, z.B. 1184 für die Barbarossapfalz in Kaiserswerth. Josef Röder hat dagegen 1974 in Römische Steinbruchtätigkeit am Drachenfels geschrieben: „Die früheste mittelalterliche Verwendung [von Drachenfelstrachyt] begegnet in den Säulen der Krypta von St. Maria im Capitol (1060).“ Gibt es neuere Quellen dazu, die eine der beiden Versionen bestätigen?

    • Ja, dass Trachyt vom Drachenfels in der Krypta von St. Maria im Capitol verwendet wurde, habe ich auch gelesen. Leider kenne ich von keine neueren Quellen, ich bin auch auf der Suche und bleibe dran, vielleicht komme ich online da weiter. Alles Gute für Sie!

      • Vielleicht handelt sich gar nicht um einen Widerspruch (Leven vs. Röder): Der in der Krypta von St. Maria im Capitol verwendete Trachyt muss ja nicht um 1060 gebrochen worden sein, sondern könnte aus der Wiederverwendung von Material des römischen Tempels stammen, der vorher an der Kirchen-Baustelle gestanden hat. Der von mir oben zitierte Satz von Röder lässt m.E. diese Deutung zu, aber wer weiß es genau?

        • Lieber Herr Weller, beim Geologischen Dienst NRW habe ich vorhin gefunden, dass Drachenfels-Trachyt auch in der Kaiserpfalz Düsseldorf-Kaiserswerth verbaut wurde. „Geologie und Boden“, pdf zum Download. Eine neue Spur! Ja, besser in St. Maria im Kapitol wiederverwendet (ich mag diese Kirche sehr), als irgendwo vergessen und unter Schutt begraben.

          • Liebe Frau Willnecker,
            unter „Geologie und Boden“ habe ich auf der Seite des Geologischen Dienstes NRW leider gar nichts gefunden, das zu „Drachenfels-Trachyt“ passt. Aber wenn dort irgendwo etwas über die Verwendung des Trachyts vom Drachenfels beim Bau der Barbarossa-Pfalz Kaiserswert steht, dann geht das vermutlich wieder auf LEVEN 1954 zurück, denn der erwähnt dort die Kaiserswerther Inschrift ALCMARI DE MONTE RUI DE RUPE DRACONIS OSTIA PANDO BONIS NAUTIS SIMUL ATQUE COLONIS.

  2. Mein Urgroßvater,Johann Wittling, geb. am 29.09.1823 in Heisterbacherrott, von Beruf Steinhauer,heiratete meine Urgroßmutter am 04.11.1855 in Merkstein-Worm, heute Herzogenrath.Im Rahmen meiner Ahnenforschung interessierte mich die Frage: Warum und unter welchen Umständen mein Urgroßvater von Heisterbacherrrott nach Merkstein kam? Die Frage kann mir heute niemand mehr beantworten, denn aus der Generation meines Vaters, der darüber evtl. etwas hätte wissen können, lebt niemand mehr.Mein Urgroßvater arbeitete in den nehegelegenen Nievelsteiner Sandwerken und verunglückte dort am 22.05.1868 tödlich.
    Nun bin ich, mehr durch Zufall, auf diese Seite aufmerksam geworden und lese, dass die Steinbrucharbeiten am Stenzelberg im Jahre 1931 eingestellt wurden. Mithin kann ein Verlust der Arbeitsstelle nicht der Grund für den Wohnortwechsel meines Urgroßvaters gewesen sein.

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