Merowinger und Karolinger

Lothar I., Rhein und Nonnenwerth
Lothar I., Rhein und Nonnenwerth

Nun beherrschten fränkische Kleinkönige von Köln aus im Rheinland, genau gesagt die Rheinfranken oder ripuarische Franken. Wir wissen wenig sie. Eine bekannte Figur ist König Sigibert von Köln, genannt „der Lahme“, der um die Wende vom 5. zum 6. Jahrhundert regierte.

Die Merowinger in Nordgallien

Ein anderer Teil der Franken, die Salfranken, lebten ja seit Jahrzehnten auf der anderen Rheinseite, im römischen Toxandrien, und viele von ihnen verdingten sich als römische Heerführer. In dieser Zeit und Region bildete sich das erste fränkische Herrscherhaus heraus, die Merowinger. Der erste historisch greifbare fränkische Kleinkönig Childerich I herrschte in den 460er und 470er Jahren m Nordosten Galliens, als die weströmische Ordnung zusammenbrach. Unter seinem Sohn Chlodwig (482-511) stieg das Frankenreich zu einer europäischen Großmacht auf.

Sieg über die Alamannen

Als Verbündete besiegten Sigibert und der Merowinger Chlodwig I. 496/497 in der Schlacht bei Zülpich die Alemannen. Im selben Jahr ließ sich Chlodwig katholisch taufen. Der Zeitzeuge Gregor von Tours berichtet in seiner „Historia Francorum“, dass Chlodwig den Christengott beschworen habe, ihm in der fast schon verlorenen Schlacht den Sieg zu schenken. Doch diese Entscheidung war vor allem ein kluger politischer Schachzug, denn damit hatte er sich für die Religion seiner gallo-römischen Bevölkerung entschieden und konnte sich nun auf sie stützen. Chlodwig selbst lebte das Christentum nicht, sondern blieb ein germanischer Heerkönig.

Einige Jahre später räumte Chlodwig Sigibert und sein Sohn aus dem Weg, um selbst König aller Franken zu werden. Bis zu seinem Tod 511 regierte er über die nunmehr vereinigten fränkisch besiedelten Territorien. Seine Herrschaft stand am Übergang von der Spätantike zum Mittelalter, denn in seinem Reich verbanden sich römische Staatsauffassung, katholisches Christentum und germanisches Heerkönigtum.

Niedergang der Merowinger

Bereits in dieser Generation der Söhne Chlodwig (511-613) begann ein moralischer Niedergang. Nach damaligen Recht war Blutrache gestattet, ja sogar verlangt, dennoch ist liest man erschüttert, dass auch Kinder nicht verschont wurden.

Auch mit der Bildung ging es immer weiter bergab. Im 6. Jahrhundert verschwanden allmählich die öffentlichen Schulen, im 7. Jahrhundert war von Bildung und Kultur nichts mehr zu spüren.

Nach dem Tod seiner Brüder konnte Chlothar I. (558-61) von Paris aus weniger Jahre allein herrschen; doch gleich nach seinem Tod wurde das Reich unter seinen Nachfolgern in drei Teile geteilt: Neustrien (heutiges Westfrankreich), Austrasien (Rhein, Maas und Mosel, Champagne) und Burgund (Loire- und Rhone-Becken).

Unsere Region gehörte zu Austrasien und fiel an Sigibert I, der seine Residenz in Köln hatte. Er geriet in eine merowingische Familientragödie um seine westgotische Ehefrau Brunichild, seinen Bruder Chilperich I., Herrscher in Neustrien, und dessen Ehefrau Fredegunde. Ein jahrzehntelanger, erbitterter Krieg folgte. Schließlich setzte sich Chlothar II. (613-29) durch, der Sohn Fredegundes und Chilperichs. Unter ihm wurde das Reich noch einmal vereint, doch er musste den fränkischen Großen weitreichende Zugeständnisse machen. Burgund ging verloren. Austrasien und Neustrien erhielten Verwaltungsautonomie.

Der Aufstieg der Karolinger

An der Spitze der königlichen Verwaltung standen die Hausmeier aus dem Geschlecht der Karolinger, so benannt nach ihren bekanntesten Vertretern. Umso mehr die Herrschaft Merowinger verfiel, desto mächtiger wurden die  karolingischen Hausmeier. Clothar II. und sein Sohn Dagobert I. „der Gute“ (629-639) gelten als die letzten bedeutenden Merowinger-Könige, doch schon zu ihrer Zeit regierten die Hausmeier nahezu selbständig.

Dagobert II.

656 wagte Hausmeier Grimoald I. einen Staatsstreich. Seine Handlager entführten den Thronerben Dagobert II., schnitten ihm die langen Haare, Zeichen der Königswürde, ab und verbannten ihn. Sein Leben sollte er weit weg als Mönch in einem irischen Kloster verbringen. Doch später kam Dagobert an den Königshof nach England. Derweil setzte Grimoald I. seinen eigenen Sohn auf den Thron Austrasiens, doch die Adligen machten nicht mit, sondern lockten ihn in einen Hinterhalt und richteten ihn schließlich hin.

Der eigentliche Machthaber im Frankenreich war der neustrische Hausmeier Ebroin. Gegen seinen erbitterten Widerstand holte man 673 Dagobert II. nach Austrasien zurück. Es heißt, dass Dagobert die Ausübung der Herrschaft seinem Hausmeier Pippin dem Mittleren überließ, um sich ganz auf fromme Übungen und wohltätige Werke zu konzentrieren. Andere Quellen berichten, dass er Übergriffen der Kirche und des Adels entgegentrat. Als wieder Kämpfe zwischen Austrasien und Neustrien ausbrachen, wurde er von Ebroin heimtückisch auf der Jagd ermordet.

Gerade um Dagobert II. ranken sich viele Legenden, denn mit ihm starb die Hauptlinie der merowingischen König aus. Knapp zweihundert Jahre später, am 10. September 872, wurde er heilig gesprochen.

Die Irisch-Schottischen Missionare

Irische und angelsächsische Mönche missionierten im Frankenreich. Zunächst kam der Ire Columban, der die Klöster in Luxeuil und Annegray im heutigen Frankreich und Bobbio im heutigen Italien gründete. Zum „Apostel der Deutschen“ wurde dann der Brite Bonifatius, der 722 seine Mission begann. Er ordnete die verfallene Kirche unter der Oberhoheit des Papstes.

Karl Martell (714-41)

Für eine Weile blieb der Thron unbesetzt. In Austrasien herrschte Pippin der Mittlere (679-714). 687 besiegte er in der Schlacht von Tertry den Hausmeier Neustriens, seitdem war er der starke Mann im ganzen Frankenreich.

Als er seinen Tod nahen sah, schickte er nach seinem Sohn und Thronfolger, doch der wurde auf dem Weg zum Vater ermordet. Alle anderen männlichen Nachkommen waren minderjährig, nur der uneheliche, erwachsene Sohn Karl Martell kam als Nachfolger in Frage. Sogleich ließ Pippins Witwe ihn einsperren, doch Karl entkam und setzte sich durch. Über zwanzig Jahre regierte er fast als König. In der Schlacht von Tours und Poitiers 732 siegte er über die Araber.

Pippin der Jüngere (751-68) machte dann Schluss mit dem merowingischen Schattenkönigtum. 751 ließ er sich mit Einverständnis des Papstes zum König krönen. Das war ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, denn die „Pippinsche Schenkung“ von 754 begründete den Vatikanstaat.

Karl der Große

Unter Pippins Sohn Karl dem Großen (768-814) wurde das Frankenreich zur europäischen Großmacht. Getrieben von einem großen Machtwillen und mit oft gnadenloser Härte, ging Karl an die Neuordnung der Verhältnisse in seinem Sinne. Er zog gegen die Sachsen (772-804), die Langobarden (773/74) und die Mauren (778).

Mit teilweise tiefgreifenden Reformen ordnete Karl das Frankenreich neu. Er schaffte die Stammesherzogtümer ab, wahrte aber die rechtliche Eigenständigkeit der Stämme. Die alten Gaue fasste er in Grafschaften zusammen, die Grafen bestimmte er selbst. Im ganzen Land gründete Karl Pfalzen, große Güter und Getreidesammelhöfe in königlichem Besitz, die ihm sichere Einnahmen verschafften und auch als Wohnort dienten. Damals zog der König im Reich umher, von Pfalz zu Pfalz, eine feste Hauptstadt gibt es nicht.

Am Weihnachtstag 800 setzte Papst Leo III. in Rom Karl die Kaiserkrone auf. Nun war Karl der Schutzherr Roms und der Kirche, ganz in der Tradition der christlichen römischen Kaiser. Sein fränkisches Reich war das Nachfolgereich des römischen Kaiserreiches, und beide Kulturen, die christlich-römische und die fränkische, sollten es tragen.

Karolingische Renaissance

Karl der Große kümmerte sich um die Bildung, die seit langem darnieder lag. Die Geistlichen, Hauptträger der Bildung, sollten Latein und Griechisch lernen und die Wissenschaften studieren. Er holte Gelehrte an seinen Hof in Aachen, so entstand die Hofschule, der wir herrliche Buchmalereien verdanken. Zugleich wurde am Hof fränkisch gesprochen, und auch in den Kirchen wurde in der Sprache der Menschen gepredigt.

Die Reichsteilungen

Auf Karl den Großen folgte sein Sohn Ludwig der Fromme (814-40). Er konnte die Einheit des Frankenreichs zunächst noch wahren. Doch immer mehr königlicher Besitz ging verloren, dafür gewannen Kirche und Adel an Macht. Schließlich vererbten sie ihr Amt und verfügten frei über ehemals königlichen Besitz.

Nachfolger Ludwigs des Frommen wurde sein ältester Sohn Lothar I. Doch seine jüngeren Brüder, Ludwig der Deutsche (843-876) und Karl der Kahle (843-877), zogen gemeinsam gegen ihn zu Felde und besiegten ihn.

Nun wurde das Reich Karls des Großen unter seinen Enkeln geteilt. Im  Vertrag von Verdun 843 bekam Lothar Norditalien, die Provence, Burgund, Lothringen, Belgien und die Niederlande (fortan Mittelreich), Karl der Kahle die Reichsteile im heutigen Frankreich (Westreich), und Ludwig II. der Deutsche Bayern, Schwaben, Hessen, Thüringen, Sachsen und Teile Franken (Ostreich). Lothar I. behielt die Kaiserwürde und die Kaiserstädte Aachen und Rom.

Das Rheinland kam zum Mittelreich, Lotharingen. Nach dem Tod Lothars II. (Sohn Lothars I.) im Jahr 869 wurde Lotharingien zwischen dem Ost- und Westfrankenreich umstritten. Zeitweise gehörte der Teil westlich des Rheins zum Westfrankenreich, der Teil östlich des Rheins zum Ostfrankenreich. Erst mit dem Vertrag von Ribemont 880 kam auch der Westteil Lotharingiens zum Ostfränkischen Reich.

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