Germania Inferior – Römer am Drachenfels

Römisches Schiff, Rhein und Siebengebirge
Römisches Schiff, Rhein und Siebengebirge

Im ersten Beitrag geht es um das römische Germania Inferior bis zum Bataver-Aufstand, und auch um die Römer am Drachenfels, der doch auf der anderen Seite der Grenze stand. Dort bauten sie Trachyt ab.

In Bonn und Köln, ja sogar in Xanten und Nimwegen wurde mit Steinen vom Drachenfels gebaut. 

Der neue Kaiser Tiberius Kaiser hatte entschieden, den Krieg zu beenden und die Germanen ihrem eigenen Zwist zu überlassen.

Sicherung der Rheingrenze

Ihm ging es von nun an um die Sicherung Galliens an der Rheingrenze: Von Bonn im Süden über Köln, Neuss, Xanten, Nimwegen und Utrecht in Holland bis an die Nordsee war  römisches Militär stationiert. Auf der linken Rheinseite entstanden nicht nur Kastelle, Häfen und Legionslager und befestigte Straßen, sondern auch zivile Siedlungen und römische Landgüter.

Um das Jahr 28 wurde das Doppellegionslager Köln aufgelöst. Die Legio I kam nach Bonn, die Legio XX nach Novaesium, dem heutigen Neuss. Köln blieb aber Hauptquartier des Oberbefehlshabers des Niedergermanischen Heeres (Exercitus Germaniae Inferioris) und seines Stabs. 

Bonna – das römische Bonn

Um 43 war die ganze Legio I Germanica in Bonn stationiert.  Das Städtchen lag auf einer Halbinsel zwischen dem großen, mächtigen Rhein und einem Altarm, der Gumme. Hier lebten germanischen Ubier, die vor vielen Jahren Agrippa auf der linken Rheinseite angesiedelt hatte, einige Kelten, eine Kohorte thrakischer Hilfstruppen und nun die Männer der legio I Germanica.

Da auf dem bisherigen südlichen hochwasserfreien Siedlungsgebiet bzw. Lagerplatz der Auxiliartruppen kein Platz war, baute sie ihr Legionslager nördlich davon, noch aus Holz. Die „Castra Bonnensia“ war für 6.000 bis 10.000 Soldaten errichtetet, Legionäre und Hilfstruppen. 

In der Nähe entstanden die „Canabae legionis“, die Lagervorstadt mit Handwerkern und Händlern, und weiter südlich der „Vicus bonnensis“ eine zivile Siedlung, die nach und nach zu einer Stadt mit allem römischen Komfort und einem Hafen wurde.

Zur Zeit des Kaisers Claudius (41-54) entstand weiter nördlich das Flottenkastell Köln-Alteburg.

Agrippina und Köln

Claudius‘ dritte Ehefrau war Agrippina die Jüngere, die Tochter des Feldherrn Germanicus und seiner Frau Agrippina der Älteren. Während der Germanienfeldzüge wurde sie im damaligen „Oppidum Ubiorum“ geboren. Als Kaisergattin setzt sie durch, dass ihre Geburtsstadt in den Rang einer römischen Colonia erhoben wird – die Colonia Claudia Ara Agrippinensium, das heutige Köln.

Römische Steinbrüche am Drachenfels

Auf der linken Rheinseite entstanden nicht nur Kastelle, Häfen und Legionslager und befestigte Straßen, sondern auch zivile Siedlungen und römische Landgüter. Doch die Römer und ihre qualifizierten Baumeister bauten aus Stein und benötigten geeignete Steine. 

Schon bald begannen sie, am Drachenfels Trachyt abzubauen. Zunächst schlugen die römischen Bauleute auf der gewünschten Trennlinie Stück für Stück Keillöcher ein, dann steckten sie Eisenkeile in die Löcher und schlugen sie mit einem Hammer nacheinander ein, bis ein Spalt durch den Stein ging und man das gewünschte Stück abspalten konnte. Noch vor Ort haute man den Stein grob zusammen und brachte ihn gut gesichert den Berg hinab zum Rheinufer gebracht. Dort verluden die Bauleute die Steine und transportierten sie nordwärts. In Bonn und Köln (Stadtmauer), ja sogar in Xanten und Nimwegen wurde mit Trachyt vom Drachenfels gebaut.

Dass es römische Steinbrüche am Drachenfels gab, ist unbestritten. Doch Wissenschaftler und Heimatforscher streiten, ob es auch einen römischen Hafen unterhalb der römischen Steinbrüche gegeben hat oder nicht.

Vier-Kaiser-Jahr und Bataver-Aufstand (68-70)

Im Jahr 68, zum Ende der Regierungszeit Kaiser Neros (54-68) geriet das Römische Reich in eine Staatskrise, in die auch die Rheinlegionen verwickelt waren. Es kam  zum Bürgerkrieg um den Kaiserthron, in dem sich zuletzt zwei Feldherrn gegenüber standen: Aulus Vitellius, den die Rheinlegionen erhoben hatten, und der spätere Kaiser Vespasian, General der Orient-Legionen.

Als Vitellius von den germanischen Batavern im heutigen Holland Hilfstruppen anforderte, kam es 69 zum Aufstand unter Iulius Civilis. Die Brukterer und Tenkterer schlossen sich ihm an. Schnell eroberten die Bataver und ihre Verbündeten die römischen Einrichtungen in ihrem Land. Zudem unterstützte Vespasian den Aufstand, er band ja die Vitellius-treuen Rheinlegionen in Germanien. Doch Civilis dachte nicht an Frieden, sondern trug den Krieg tiefer ins Römische Reich hinein; er ließ Städte plündern und im September 69 das Legionslager Xanten angreifen. Das konnte kein römischer Kaiser hinnehmen. Auch in Gallien brachen Aufstände aus. Das Rheinland wurde verheert und alle Lager angesteckt. Die Legionen I Germanica und XVI Gallica ergaben sich einem anderen Rebellen, Julius Sabinus.

Ende 69 fiel die Entscheidung im Rom: Mit Unterstützung seiner Orient-Legionen und den mächtigen Donau-Legionen siegte Vesapasian, der unterlegene Vitellius wurde ermordet.

Nun, da Römer und Bataver demselben Kaiser dienten, hätte Civilis Frieden schließen können. Doch im März 70 zerstörten die Aufständischen das Legionslager Xanten; die Legionen V. Alaudae und XV Primigenia kamen um. Raubzüge gegen die romanisierten Stämme in Nordgallien und in Germania Inferior folgten. Die Auständischen zerstörten das Bonner Legionslager und eroberten auch Köln.

Doch nun hatte Kaiser Vespasian Truppen zur Verfügung. Acht Legionen zogen nach Germanien, und und besiegten die vereinigten Bataver, Brukterer und Tenkterer.

Kaiser Vespasian misstraute den Rheinlegionen und strukturierte sie neu. Fast alle alteingesessenen Legionen wurden in weit entfernte Regionen versetzt oder gar aufgelöst, an ihrer Stelle kamen neue Legionen, auf die der Kaiser sich verlassen konnte. Die Legion I Germanica war aufgelöst worden; dafür kam die Legion XXI Rapax nach Bonn.

Ein neues Legionslager aus Stein

Sie musste sich zunächst ein neues Legionslager aufbauen, eines der größten Legionslager am Rhein sollte es werden, und aus Stein sollte es sein. Nun wurde gewaltige Mengen Trachyt vom Drachenfels gebrochen, in den Bonner Norden transportiert zum Bau des gewaltigen neuen Legionslagers. Noch heute ist es im Stadtbild gut zu erkennen. Das Lagerzentrum befand sich im Bereich der heutigen Kreuzung Römerstraße (ehemals via principalis) und Nordstraße/Badener Str. (letztere: ehemals via praetoria). Die „Castra Bonnensia“ war eines der größten Einlegionenlager überhaupt.

83 kommt dann die legio I Minervia nach Bonn, für über zwei Jahrhunderte ist sie die Bonner Legion.  

Trachyt in der Stadtmauer Kölns und im Kastell Deutz

Das ist ungefähr die Zeit, in der vermutlich mit dem Bau der Kölner Stadtmauer begonnen wurde, auch hier wurde neben anderen Steinen Trachyt vom Drachenfels verwendet. In gewichtigen Teilen aber wohl erst im 3. Jahrhundert fertiggestellt oder modifiziert worden ist.

Anfang des 4. Jahrhunderts wurden wieder Steine vom Drachenfels gebrochen. Kaiser Konstantin war in der C.C.A.A. und ließ die Rheingrenze neu befestigen. Männer der alten Legio XXII Primigenia erbauten ab 308 auf der rechten Rheinseite das Deutzer Kastell (castellum divitia), (Castrum Divitium), deshalb nannte man sie dann auch „divitenses“. Gleichzeitig mit dem Römerbrücke begonnen, die das Kastell mit der Stadt verband. 

Die Römer und der rechte Rheinufer

Über lange Zeit waren die römischen Steinbrüche am Drachenfels von großer Bedeutung für die Römer, doch wir wissen nur wenig über ihre genaue Geschichte und den Betrieb. Der Drachenfels steht auf der rechten Rheinseite, die nicht zum Römischen Reich, sondern zur Germania Magna gehörte. 

Es ist schwer vorstellbar, dass die Römer viele Jahre lang Steinbrüche in einem fremden Gebiet betrieben hätten, ohne es militärisch zu erkunden und abzusichern. Vermutlich kamen römische Einheiten regelmäßig auf die rechte Rheinseite, um die Sicherheit und den ungestörten Betrieb der Steinbrüche zu gewährleisten. Zahlreiche Weihesteine an die einheimischen Muttergottheiten, die im Bonner Raum gefunden wurden, einige davon das Trachyt, sind Militärs zuzuordnen. 

Mehr wissen wir über das rechtsrheinische Bonn, wo zahlreiche Funde aus der Römerzeit gemacht wurden. Auf der anderen Seite des Legionslagers im Norden Bonns erstreckte sich das Weideland, bekannt als Prata Aureliana. In diesem Gebiet haben Archäologen eine Steininschrift gefunden, die in die Zeit von Kaiser Mark Aurel verweist.

Auch wenn der Rhein die Grenze zwischen dem Römischen Reich und Germania Magna war, müssen wir etwas genauer hinschauen. Seit Juli 2021 ist der Niedergermanische Limes UNESCO-Weltkulturerbe, und das schließt Bonn als südlichsten Legionsstandort ein. Doch nicht nur, da war Deutz, das rechtsrheinische Bonn, und – mit einem Augenzwinkern und einem guten Schuss Lokalpatriotismus – auch der Drachenfels.

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https://www.general-anzeiger-bonn.de/region/siebengebirge/bad-honnef/rheinisches-amt-sieht-im-gelehrtenstreit-bestaetigung-fuer-roemerhafen_aid-47029637

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