Das Krisenjahr 1923 in Bildern

Alte Rheinbrücke, Bonn
Alte Rheinbrücke, Bonn

Hundert Jahre liegt das Krisenjahr 1923 nun zurück. Es war das Jahr, in dem die junge Weimarer Republik um ihr Überleben kämpfte. Das Video zeigt Originalbilder aus diesem Jahr.

Ausführliche Texte

Ergänzend zu diesem Video gibt es eine ausführliche Darstellung: Das Krisenjahr 1923. Zwar zählt  1923 zu den Revolutions- und Putschjahren, doch unsere Region war besonders betroffen, daher gibt es einen eigenen Beitrag dazu.

Kurz und knapp

Wegen ausstehender Reparationsleistungen marschierten französische und belgische Soldaten im Ruhrgebiet ein. Die Reichsregierung Wilhelm Cuno rief zum passiven Widerstand auf: Anordnungen der Besatzer wurden nicht befolgt, Generalstreiks legten Industrie, Verwaltung und Verkehr im Ruhrgebiet fast lahm. Rund 150.000 Personen wurden bestraft oder ausgewiesen, und trotz aller Aufrufe zur Besonnenheit kam es auch zu Sabotageakten und Anschlägen.

Ende Februar besetzte Frankreich auch das bisher neutrale Gebiet zwischen den Brückenköpfen auf der rechten Rheinseite; in Königswinter marschierten französische Soldaten ein. 

Hyperinflation

An die zwei Millionen Menschen hatten kein Einkommen mehr und waren auf die Unterstützung durch das Reich angewiesen. Doch die „Ruhrhilfe“ verschlang Unsummen, die die krisengeschüttelte Republik nicht aufbringen konnte. 

Die Reichsregierung wusste sich nur noch mit der Ausgabe neuen Geldes zu helfen. Dabei kämpfte Deutschand schon seit Jahren gegen eine Inflation an, seit Sommer 1922 ging das Vertrauen in die Mark zunehmend verloren. Je mehr Geld in Umlauf kam, desto mehr verlor es an Wert, und ab  Sommer 1923 stiegen die Preise schließlich an einem einzigen Tag mehrfach an. Die Inflation vernichtete das wenige, was vielen Menschen nach dem Krieg geblieben war. Mancherorts kam es zu Hungerkrawallen, Plünderungen und Streiks, und Arbeitslose demonstrierten gegen Not und Elend.

Reichskanzler Stresemann

Im August wurde Gustav Stresemann von der Deutschen Volkspartei Reichskanzler und Außenminister. Er konnte noch einmal eine Große Koalition zusammenbringen, in der seine eigene DVP, das katholische Zentrum, die linksliberale Deutsche Demokratische Partei und und die SPD vertreten waren.

Stresemann hoffte, dass England Deutschland bei den Reparationszahlungen entgegenkomme würde. Doch Ende September war der „Ruhrkampf“ gescheitert; Stresemann erklärte den passiven Widerstand für beendet und verhängte den Ausnahmezustand. Schon bald sprachen die Rechten, und nicht nur sie, von der „Kapitulation an der Ruhr“.

Würde die Weimarer Republik diese Krise überstehen? Das Ruhrgebiet und das Rheinland waren besetzt; die Separatisten im Rheinland erhielten Auftrieb. In Sachsen und Thüringen wollte die KPD aus der Krise Profit schlagen. In Bayern verweigerte die weit rechts stehende Landesregierung und die dort stationierte 7. Reichswehrdivision der Reichsregierung die Anerkennung.

Separatisten

Ende Oktober 1923 sahen die Separatisten ihre Stunde gekommen. In einigen rheinischen Städten, auch in Bonn,  schlugen sie los – bewaffnet und unter Duldung, ja sogar dem Schutz der französischen Besatzungstruppen. Im Koblenzer Schloss bildeten sie eine „Vorläufige Regierung der Rheinischen Republik“. 

Regierungskrise

Anfang November kam es in Berlin kam zu einer Regierungskrise. Die SPD-Fraktion im Reichstag war empört, dass die Regierung Stresemann gegen die linken Regierungen in Sachsen und Thüringen Reichswehrtruppen geschickt hatte, nicht aber gegen die rechte Regierung in Bayern vorging. Die SPD-Minister schieden aus dem Kabinett aus; von nun an war Stresemann Kanzler eines Minderheitenkabinetts auf Abruf.

Am 8./9. November putschten Hitler und Ludendorff.

Hoffen auf die Rentenmark

Im November war der Wert der Mark ins Bodenlose gesunken. Mitte November führte Finanzminister Dr. Luther die Rentenmark ein.  Als Notlösung war sie durch Grund und Boden, also Sachwerte gedeckt. Obwohl die Ausgaben rigoros eingeschränkt und die Steuern erhöht wurden, war die Stabilität der Währung für viele Menschen der erste Lichtblick zum Ende eines schlimmen Jahres.

Nicht aber für die Menschen in den besetzen Gebieten an Rhein und Ruhr, hier wurde die Rentenmark nicht eingeführt.

Soll das Rheinland versacken?

Doch was sollte nun aus den besetzten Gebieten werden? In dieser schlimmen Lage dachte man in Berlin ernsthaft darüber nach, die Zahlungen einzustellen und das besetzte Gebiet seinem Schicksal zu überlassen, es „versacken“ zu lassen. 

Kampf im Siebengebirge

Die Situation spitzte sich zu, als die „Vorläufige Regierung“ in die Krise geriet. Nun zogen ihre „Rheinland-Schutztruppen“ durch Städte und Dörfer und „requirierten“ Sachgüter und Lebensmittel in einem Ausmaß, das weit über ihren Bedarf hinausging.

Diese Plünderungen prägen das Bild, das die Menschen in unserer Region von den Separatisten hatten. Man bildete „Heimwehren“. Am 14./15. November kam es bei Aegidienberg zu einer blutigen Schlacht, bei der Einheimische und Separatisten getötet wurden.

Reichskanzler Marx, Außenminister Stresemann

Am 23. November verlor Stresemann  eine Vertrauensabstimmung im Reichstag und trat zurück. Als Außenminister gehörte er allen Regierungen bis zu seinem Tod 1929 an. Neuer Regierungschef wurde der Kölner Wilhelm Marx (Zentrum). 

Auf den Schultern des Reichskanzlers aus Köln lastete eine gewaltige Aufgabe: Als Reichkanzler trug er die Verantwortung für das ganze Reich, aber er konnte doch nicht dafür den Kollaps des Rheinlandes in Kauf nehmen!

Geschichtsbücher berichten längst nicht alles ..
Geschichtsbücher berichten längst nicht alles, deshalb graben wir hier ein bisschen tiefer. In den „Geschichten aus der Preußischen Rheinprovinz“ begleiten wir eine deutsch-belgische Familie aus unserer Region durch die „Preußenzeit“ die ja auch die Jahre des Freistaats Preußen umfasst.
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