Rivalitäten im Rheinland

Als Kölner Lehnsmänner zogen die Grafen vom Siebengebirge in die Schlacht von Worringen
Als Kölner Lehnsmänner zogen die Grafen vom Siebengebirge in die Schlacht von Worringen

Im Reich ging es drunter und drüber; die Fürsten waren längst Landesherren. Die Rivalitäten im Rheinland zwischen dem bislang dominierenden Erzbistum Köln und den Grafen von Berg eskalierten in der Schlacht von Worringen 1288.

Köln verjagt den Erzbischof

So sehr sich Konrad von Hochstadens Nachfolger Engelbert II. von Falkenburg (1261 – 1274) bemühte, und er tat es mit der Brechstange und allen faulen Tricks, es gelang ihm nicht, die Machtstellung Konrads zu halten. Zu seiner Zeit eskalierte der Streit zwischen der Stadt Köln und dem Erzbischof endgültig. Die wirtschaftlich erfolgreichen Bürger, die Patrizier, wollten nicht länger unter der Knute des Erzbischofs leben, sondern das Geschick ihrer Stadt selbst bestimmen. Solange Engelbert II. Zwiste schürte und Verträge nicht einhielt, hielten die Stadt Köln und die benachbarten einflussreichen Territorialherren hielten gegen ihn zusammen.

Aus Köln verjagt, hatte er seit 1263 seine Residenz in Bonn. Doch der Erzbischof brauchte die Stadt, denn das Erzstift war verschuldet, und Köln als eine der reichsten Städte Deutschlands sollte dazu herhalten, die Schulden des Erzbischofs zu vermindern. Nahe der Ulrepforte drangen in der Nacht vom 14. auf den 15. Oktober 1268 Verbündete des Erzbischofs durch ein Loch unter der Stadtmauer in die Stadt ein. Trotz des überraschenden Angriffs gelang es den Kölnern jedoch, die Kämpfer des Erzbischofs zurückzuschlagen.

Sogar als König Richard von Cornwall sich von ihm abwandte, änderte der Erzbischof seine Politik nicht. Nach Richards Tod befand der neue König Rudolf von Habsburg die Klagen der Stadt Köln gegen ihren Erzbischof für rechtmäßig und bestätigte ihre Privilegien. Engelbert II. starb im Oktober 1274 in Bonn.

Nun ließ er in Bonn eine Residenz errichten, zwischen 1263 und 1267 wurde sie gebaut. Aber man vertrieb nicht einfach so seinen Erzbischof. Papst Clemens IV. ließ von Bonn aus den Kirchenbann über die Stadt Köln verhängen, also ein Verbot, Gottesdienste abzuhalten. Das wiederum empörte die Kölner.

Die Grafen von Berg

Seit 1246 regierte Graf Adolf IV. von Berg. Er war mit Margarete von Hochstaden verheiratet, damit war ein ein Schwager des Kölner Erzbischofs Konrad von Hochstaden. Auch politisch schloss er sich ihm an und ergriff gegen Kaiser Friedrich II. Partei.

Doch mit dem Tod der Schwäger endete der Friede zwischen dem Erzbistum und der Grafschaft Berg. Solange die Erzbischöfe an ihrem  Anspruch festhielten, nicht nur Herren über ihr eigenes Land, sondern auch Oberherrn über sämtliche benachbarte Gebiete am Niederrhein zu sein, war kein dauerhafter Friede möglich. Graf Adolf V. von Berg wurde ein erbitterter Gegner.  Er verbündete sich mit der Stadt Köln gegen Erzbischof Engelbert II. von Falkenberg (EB 1261-1274), immer wieder kam es zu schweren Gefechten.

Mit dem neuen Erzbischof Siegfried von Westerburg standen die Zeichen gleich auf Sturm, nachdem bei  Siegfrieds Ernennung durch den Papst Graf Adolfs Bruder Konrad übergangen worden war. Dabei hatte das  Domkapitel ihn gewählt. Siegfried zeigte sich der Stadt Köln gegenüber versöhnlich und nachgiebig, denn ihm war bekannt, dass Graf Adolf sich nicht scheuen würde, seinen Bruder mit Waffengewalt auf den Stuhl des Erzbischofs zu bringen. Doch dann ließ er in Köln-Worringen eine Burg bauen, die den Kölnern bald ein Dorn im Auge war. Nicht nur, weil er sich über die Zusage seines Vorgängers, in der Nähe des Stadtgebietes Köln keine neuen Burgen zu bauen, hinweggesetzt hatte. Bald empfanden die Kölner, dass die Burgmannen wie Raubritter auftraten.

Zunächst behielt Erzbischof Siegfried die Oberhand gegen einen 1277 formieren Fürsten- und Adelsbundes. Graf Adolf wurde besiegt und musste einlenken, doch er blieb ein Gegner Siegfrieds und suchte jede günstige Gelegenheit zu Rache und Vergeltung.

Ein Erbfolgekrieg eskaliert

Als Herzog Walram V. von Limburg, ein Verwandter Graf Adolfs V. von Berg, 1280 ohne männlichen Nachkommen verstarb, fiel Limburg an seinen Schwiegersohn Graf Rainald I. von Geldern. Obwohl sogar König Rudolf I. diesen Lehnsübergang bestätigte, erhob Graf Adolf Einspruch und forderte das Herzogtum Limburg als sein Erbe. Nicht nur er, auch weitere Verwandte erhoben Erbansprüche.

Da Graf Adolf gegenüber Graf Rainald seine Erbansprüche kaum durchsetzen konnte, verkaufte er sie 1283 an Herzog Johann von Brabant. Der wiederum versuchte seit längerem, seinen Machtbereich zu vergrößern. Ein möglicher Machtzuwachs der Grafen von Berg aber rief den Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg auf den Plan. 1284 verbündete er sich mit Graf Rainald von Geldern und sicherte ihm Beistand gegen seine Feinde zu, insbesondere gegen den Grafen Adolf V. von Berg. Die Bürger der Stadt Köln stellten sich gegen ihren Erzbischof.

Der Limburger Erbfolgestreit eskalierte, wegen der vielfältigen Interessenskonflikte wurde daraus ein regionaler Krieg. 1287 scheiterte der Versuch einer friedlichen Einigung. Anfang 1288 wurde das Rheinland Hauptkriegsplatz. Die Partei des Erzbischofs fiel in die Gebiete der Grafen von Berg und Mark ein, das Bergische Land wurde durch den Erzbischof furchtbar verwüstet, bis ihn das herannahende Brabanter Heer zum Abzug bewegte. Die wiederum rächten sich. Einige Quellen berichten, dass Graf Adolf von Berg 1287 die Burg Drachenfels erstürmte und das angrenzende Gebiet verheert hat.

Die Grafen vom Siebengebirge und die Schlacht von Worringen 1288

Schließlich trafen beide Parteien am 5. Juni 1288 in Worringen aufeinander. Es war eine der größten mittelalterlichen Ritterschlachten mit etwa 4.500 bis 6.100 Rittern zuzüglich einer Vielzahl nicht berittener Kämpfer.

Burggraf Heinrich vom Drachenfels und sein Bruder Rutger sowie Graf Johann I. von Löwenburg und Burggraf Ludwig von Wolkenburg zogen mit ihrem Lehnsherrn, dem Propst des Bonner St. Cassius-Stifts, auf der Seite des Erzbischofs in die Schlacht – und wurden besiegt. Erzbischof Siegfried von Westerburg wurde von Herzog Johann I. von Brabant gefangen genommen und Graf Adolf V. von Berg ausgeliefert. Gut ein Jahr wurde er auf Schloss Burg festgehalten. Erst nach Unterzeichnung des Sühnevertrages vom 19. Mai 1289 und der Zahlung eines hohen Lösegeldes an Graf Adolf V. von Berg wurde der Erzbischof am 6. Juli 1289 wieder frei gelassen. Er hatte die Bedingungen der Sieger hinnehmen müssen.

Die Burggrafen vom Drachenfels gerieten in die Gefangenschaft des Herzogs von Berg und mussten ihm Lehnstreue schwören.

Auch Johann I. von der Löwenburg war in Gefangenschaft geraten und musste dem Grafen von Jülich seine Burg Reitersdorf übertragen. Graf Gerhard ließ Reitersdorf zu einer wehrhaften kleinen Burg ausbauen. Dem besiegten Kölner Erzbischof muss sie ein Dorn im Auge gewesen sein.

Auf Betreiben des Erzbischof entband der Papst die Burggrafen vom Drachenfels schon im Januar 1290 von den unter Zwang abgegebenen Erklärungen, doch sie hatten die Schlacht nun einmal verloren. Graf Wilhelm von Berg gelang es, die Drachenfelser noch enger an sich zu binden, was zu erheblichen Spannungen führte. Die Loyalität des Burggrafen galt dem Bonner St. Cassius-Stift und dem Kölner Erzbischof, nicht seinem Hauptfeind, dem Berger. Graf Wilhelm wiederum hatte allen Grund, den Erzbischof zu hassen, denn sein Bruder Adolf V. war durch eine Hinterlist in Gefangenschaft Siegfried von Westerburgs geraten und in Haft verstorben.

Gravierende Änderungen

Nach einigen weiteren Auseinandersetzungen wurde Limburg mit der Lehnsbeleihung 1292 durch König Adolf von Nassau rechtskräftig mit dem Herzogtum Brabant vereinigt.

Die Vorherrschaft des Erzbistums Köln war dahin, dafür begann der Aufstieg der Herzogtümer Jülich und Berg. Und so sehr sich Siegfried auch bemühte, er erreichte päpstlichen Dispens und strengte einen Prozess gegen die Stadt Köln an – die Macht des Faktischen sprach gegen ihn. Köln war freie Reichsstadt, der Erzbischof hatte politisch hier nichts mehr zu melden.

Adolf V. festigte und erweiterte die Macht der Grafen von Berg im Rheinland, am 14. August 1288 erhob er Düsseldorf zur Stadt. Doch 1292 geriet er durch eine Hinterlist in Gefangenschaft des Erzbischofs von Köln und starb am 28. oder 29. September 1296 in Haft. Sein Nachfolger als Graf von Berg wurde sein Bruder Wilhelm. Siegfried von Westerburg überlebte ihn nicht lange, er verstarb am 7. April 1297 in Bonn.

Die Rivalitäten im Rheinland bestanden auch nach der Schlacht von Worringen 1288 weiter.

 Mehr über die Burgen und ihre wechselvolle Geschichte erfahren Sie im Kapitel Burgruinen
Burg Drachenfels | Burg Löwenburg | Burg Reitersdorf
Die Herren vom Siebengebirge – Spätmittelalter

Unfreiwillige Lehnsmänner

Die Burggrafen vom Drachenfels waren nach ihrer Freilassung am 31.1.1289 unfreiwillig Lehnsmänner des Grafen Adolf V. von Berg. Graf Johann I. auf der Löwenburg hatte dem Grafen Gerhard von Jülich seine Burg Reitersdorf übertragen müssen. In den folgenden Jahren geriet er immer wieder zwischen die Fronten.

Zwar hatte Papst Nikolaus IV. Siegfried von Westerburg und seine Mitstreiter  am 18.1.1290 von den unter Zwang eingegangenen Verpflichtungen befreit, und einige Monate später, am 4./5. Juli 1290, hatte im Bonner Münster sogar ein Prozess gegen die Stadt Köln stattgefunden, bei dem Johann I. von Heinsberg, Herr zu Löwenburg, als Zeuge aufgetreten war. Doch für die Grafen aus dem Siebengebirge sollte es noch viele Jahre dauern, bis die Folgen aus der Niederlage von Worringen überwunden waren.

Rivalitäten im Rheinland, Worringen 1288 | Zum Weiterlesen
Vera Turowsky: Worringen 1288, Ursachen und Folgen der Schlacht, Landschaftsverband Rheinland

Spätmittelalter
Interregnum | Rivalitäten im Rheinland | Kurfürsten und Könige
Die Zeit der Luxemburger | Magdalenenflut 1342 | Die Zeit der Habsburger

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